Das kleine Fernsehspiel: Talentschuppen im Internet

Das „Kleine Fernsehspiel“ des ZDF beschreitet neue Wege und rekrutiert frische Kurzfilmer online und on demand. Dafür gabs sogar Preise auf der Berlinale.

Viele der kleinen Fernsehspiele sind ganz groß. Bild: screenshot/zdf

Ach wie kann das ZDF modern sein - wenn es denn nur will: Das kleine Fernsehspiel, die heiß geliebte, spät gesendete Strecke für junge Filme, hatte im vergangenen Sommer einen Talentschuppen im Internet aufgemacht. 173 Kurzfilme von Menschen, die nicht älter als 25 sein durften, wurden eingereicht, 24 von ihnen online in die ZDF-Mediathek eingestellt. Und für immerhin vier gabs auf der Berlinale Preise: eine Ausstrahlung im Kleinen Fernsehspiel am 4. Mai.

Verblüffend ist dabei, wie die vier ausgewählten Beiträge - drei von einer Fachjury prämiert, einer als Publikumspreis per Abstimmung im Internet ermittelt - in ihrer Kürze die ganze Bandbreite aktueller Themen aufnahmen und so auch gut für „große“ kleine Fernsehspiele taugten.

Der Publikumsliebling „Gabra 2“ (Regie: Jan Karpinski) zum Beispiel, in dem der arbeitslose und versoffene Hafenarbeiter Ole Hansen von einem Pharmakonzern gepiesackt wird, der aus Hansens DNA ein Gen ausbauen will, da nun das Patent auf dieses Gen beim Konzern liegt. Die anschließende OP findet übrigens auf Hansens Küchentisch statt, eine nette kleine Parabel auf den modernen Patentwahn und die Zustände unseres Gesundheitssystems.

Oder der Experimentalfilm „Kopfgeburtenkontrolle“, hier geht Regisseur Jan Riesenbeck dem alltäglichen Wahnsinn der Welt auf den Grund und vergleicht sein Eingefangensein mit Charlie Chaplins Filmklassiker „Modern Times“, wo der sich im Zahnrad einer großen Maschine verfängt: „Jetzt sind die postmodernen Zeiten - und die Maschine bin ich“, heißt es in „Kopfgeburtenkontrolle“.

Ebenfalls stark Anna Kastens „Regenbogenengel“, in dem ein kleiner Junge sich anrührend und beklemmend den Suizid des großen Bruders erklärt. Und vor allem auch Lars Hennings „Security“, ein Kaufhausfilmchen, dass mal eben den alltäglichen Automatismus entlarvt: Denn die mit ausländischem Akzent sprechende Ladendiebin, die der Security-Mann gegen seine Gewohnheit laufen lässt und bei der zweiten Begegnung vorm Shampoo-Regel dann ganz sympathisch findet, entpuppt sich als jemand ganz anderes. Und die Herrschaft des blonden deutschen Hünen in der Wichtig-Wichtig-Uniform über die kleine südländische Frau ist plötzlich wie weggeblasen - und er das arme Schwein.

Alle Filme sind wie die anderen Talentproben auch weiterhin in der ZDF-Mediathek zu sehen (www.zdf.de/ZDFmediathek, dann Suchbegriff: Talentprobe). Im großen Fernsehen teilen sie dann aber das gänzlich unmoderne Schicksal ihrer langen Brüder und Schwestern des Kleinen Fernsehspiels: Sie laufen an einem Montagabend ab 0.15 Uhr.

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