Internet-Geschäft: Microsofts Angriffsplan gegen Google

Großoffensive Microsofts gegen Google: Der Softwarekonzern will die Plattform Facebook teilweise übernehmen - und einen Groß-Werbedeal Googles stoppen.

Fast Mitleid mit Microsoft: Zerbrochenes Lebkuchenherz mit Konzernlogo Bild: dpa

BERLIN taz Man könnte fast Mitleid mit Microsoft bekommen: Dem Softwaregiganten aus dem amerikanischen Redmond schien in jüngster Zeit wenig zu gelingen. Das lange angekündigte neue Betriebssystem Windows Vista verkauft sich deutlich schlechter als der Vorgänger, es gibt gar einen Trend zur Rückkehr auf das angestaubte XP. Apple hat den Markt der Musikspieler weiterhin voll im Griff, und mit dem iPhone greifen die Kalifornier Microsofts Engagement im Mobilfunkmarkt an. Und die Aktie des von Bill Gates gegründeten IT-Riesen dümpelt seit langem vor sich hin, während Konkurrenten wie Google neue Marktkapitalisierungsrekorde feiern.

Das schreit nach einem Befreiungsschlag - und der richtet sich vor allem gegen den Suchmaschinenkonzern. Schließlich bedroht dieser die lange geplante Neuerfindung Microsofts als Größe im boomenden Online-Werbemarkt. Der Angriffsplan, der in Microsofts Chefetage vor allem beim neuen Internet-Chef Brian McAndrews entstanden sein soll, enthält zwei zentrale Komponenten, die vom New Yorker Wall Street Journal aufgedeckt wurden.

Der erste Teil der Strategie hat mit Googles Aufkauf des Online-Werbedienstleisters DoubleClick zu tun. Im April 2007 angekündigt, sollte dieser schnellstmöglich für 3,1 Milliarden Dollar weltweit integriert werden. Microsoft, das selbst an DoubleClick interessiert war, sieht in dem Zusammengang ein großes Bedrohungspotenzial. DoubleClick betreibt viele der wichtigsten so genannten Adserver, über die Reklame im Internet ausgeliefert wird - zusammen mit Google würde das Unternehmen so beispielsweise in Großbritannien laut Zahlen der Londoner Times 80 Prozent der Web-Werbung durchleiten.

Microsoft will den Zusammengang daher um jeden Preis verhindern. Taktisch erfolgt dies über Druck auf die Europäische Kommission, die den Deal durchwinken muss. Laut Wall Street Journal hat der Konzern die erfahrene PR-Agentur Burson-Marsteller beauftragt, hinter den Kulissen zu agieren. Offensichtlich mit Erfolg: Die Times meldete am Dienstag, dass die EU-Kommission offenbar dazu tendiere, den Deal über ein vollwertiges Wettbewerbskontrollverfahren zu prüfen, was den Abschluss des Aufkaufs um mindestens vier Monate verzögern könnte, wenn nicht gar ganz unmöglich wird. Microsoft hat auch Datenschützer auf seiner Seite, die die zahlreichen Daten, die Doubleclick und Google über Internet-Nutzer erfassen, nicht in einer Hand wissen wollen.

Der zweite Teil der Microsoft-Strategie wurde ebenfalls am Dienstag bekannt. Dabei geht es um das populäre soziale Netzwerk Facebook, das bereits jetzt gute Beziehungen zu Redmond unterhält - dank umfangreicher Garantien zum Werbeplatzverkauf. Facebook ist vor allem deshalb so interessant für Microsoft, weil es nach wie vor rasant wächst und eine Art Internet im Internet bildet - mit vielen Millionen Besuchern täglich.

Microsoft soll nun über einen Einstieg bei Facebook diskutierten - zunächst in Form einer Minderheitsbeteiligung von fünf Prozent. Das werde sich der Softwareriese zwischen 300 und 500 Millionen Dollar kosten lassen. Die Bewertung, die Facebook dadurch erzielen könnte, wäre für eine Firma mit einem Umsatz von gerade einmal 100 Millionen Dollar im Jahr 2006 enorm hoch: 10 Milliarden Dollar und mehr. Mark Zuckerberg, 23-jähriger Facebook-Gründer und Harvard-Abbrecher, dürfte dies gefallen: Er behält die Kontrolle über das Unternehmen und bekommt gleichzeitig seine bereits mehrfach von anderen Beteiligungsinteressierten geforderte hohe Bewertung bestätigt.

Noch ist unklar, ob der Deal tatsächlich zustande kommt - weder Facebook noch Microsoft sprechen darüber. Bei Microsoft-Chef Ballmer und seinem Internet-Chef McAndrews scheint die Idee vorzuherrschen, dass ein Einstieg bei Facebook die Machtverhältnisse im Netz wieder stärker zu ihren Gunsten verschieben könnte. Erstaunlicherweise ist es Google bislang nämlich noch nicht geglückt, selbst im Bereich der populären sozialen Netzwerke zu reüssieren. Die gelten auch deshalb bei Werbetreibenden als hochinteressant, weil sie zielgruppengenaue Profile quasi umsonst mitliefern - die Nutzer geben ihre persönlichen Daten freiwillig an, um mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.