Schwarze Kassen: Kanther wieder vor Gericht

Unpassend für Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU): Mitten im Wahlkampf wird der Prozess gegen seinen politischen Ziehvater Manfred Kanther neu aufgerollt.

Ministerpräsident Roland Koch mit seinem Ziehvater Manfred Kanther. Bild: dpa

WIESBADEN taz Das wird dem hessischen Wahlkämpfer Roland Koch (CDU) überhaupt nicht schmecken: Das Landgericht Wiesbaden verhandelt ab Dienstag erneut gegen seinen politischen Ziehvater und ganz persönlichen Mäzen Manfred Kanther (68) sowie gegen den früheren Finanzberater und "Geldboten« der hessischen Union, Horst Weyrauch. Erneut geht es im Zusammenhang mit den schwarzen Kassen der CDU in den Achtzigerjahren um Untreuevorwürfe gegen die beiden ehemaligen Spitzenpolitiker und Weggefährten des heutigen Ministerpräsidenten Koch, der Anfang 2008 Wahlen zu bestehen hat.

Mit Billigung und Hilfe des damaligen Schatzmeisters der hessischen CDU, des "schwarzen Prinzen" Casimir Sayn-Wittgenstein, schaffte Weyrauch auf direkte Anweisung von Kanther 20,8 Millionen Mark (10,61 Millionen Euro) aus dem Parteivermögen der CDU in die Schweiz.

Nach eigenem Gusto finanzierte das Trio dann über 16 Jahre hinweg aus diesem Topf Parteiprojekte oder förderte aufstrebende junge Unionspolitiker ganz direkt. Der Prinz soll zudem "Handgeld" an Kommunalwahlkämpfer seiner Partei ausgeschüttet haben. Auch der finanziell ausgebluteten Frankfurter CDU half das Schwarzgeld aus der Schweiz wieder auf die Beine. Natürlich tauchten die Gelder aus der Schweiz in keinem Kassen- oder Rechenschaftsbericht jemals korrekt verbucht auf; zeitweise wurden die "Rückflüsse" perfide als "jüdische Vermächtnisse" an die hessische CDU deklariert. Das sorgte später für große Empörung auch bei Koch, der bei seinem ersten Landtagswahlkampf 1999 allerdings gleichfalls mit Zuwendungen aus dem Schwarzgeldtopf bedacht wurde.

Vom Landgericht Wiesbaden waren Kanther und Weyrauch wegen Untreue, respektive Beihilfe zur Untreue, schon im April 2005 verurteilt worden. Eineinhalb Jahre Haft auf Bewährung gab es für Kanther; Weyrauch sollte 61.200 Euro Geldstrafe zahlen. Beide legten Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein - und erzielten dort Ende 2006 einen Teilerfolg. Die Sache wurde an das Landgericht zurückverwiesen. Der BGH ging zwar auch davon aus, dass vor allem Kanther als damaliger CDU-Landesvorsitzender "untreu" gegenüber der Partei gehandelt habe - allerdings nicht vorsätzlich, wie vom Landgericht unterstellt. Um keinen Pfennig hätten sie sich bereichert, hatte Kanther, der unter Helmut Kohl Bundesinnenminister war und für seine harte Linie auch gegenüber Kleinkriminellen bekannt wurde, immer wieder betont.

Doch daran, dass seit 1994 alle Rechenschaftsberichte auch der Bundes-CDU aufgrund der falschen Angaben aus Hessen nicht korrekt waren, trügen die Angeklagten ganz sicher eine Mitschuld, so der BGH. 41,3 Millionen Euro Strafgeld verhängte der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) deshalb gegen die CDU; die Partei ging auf Betteltour bei ihren Mitgliedern. Der BGH regte in diesem Zusammenhang an, auch zu prüfen, ob sich Kanther und Weyrauch nicht sogar der Untreue gegenüber der Bundesrepublik Deutschland schuldig gemacht haben könnten - und nicht nur gegenüber der hessischen CDU, die über ihr plötzlich verschwundenes Parteivermögen nicht mehr selbst verfügen konnte. Schließlich sei das auch Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung gewesen.

Darum geht es jetzt auch im neu aufgerollten Prozess in Wiesbaden. Für Kanther kann es eng werden. Wird er erneut zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt, verliert er alle Pensionsansprüche. Über die genaue Herkunft der mehr als 20 Millionen Mark schweigen sich alle Beteiligten bis heute aus. Für Mutmaßungen, dass es sich um Restgelder aus der sogenannten Staatsbürgerlichen Vereinigung gehandelt habe, fehlt bis heute die Bestätigung. Die "Staatsbürgerliche Vereinigung" war während der Flick-Affäre als Spendengeldwaschanlage enttarnt worden, ihr Vermögen aber plötzlich verschwunden.

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