Schiffbruch mit Gartenzwerg

SOMMERBÜHNE Shakespeares „Was ihr wollt“ im Schöneberger Südgelände

Das Versteckspiel vor Malvolio Foto: René Löffler

Der Wind, der in den Baumwipfeln rauscht, die Schwalben, die hoch über uns fliegen, kühle Limonade – das ist an einem dieser warmen Abende schon mal ein ziemlich gutes Setting. Auf den Bänken der hölzernen Arena im Naturpark Schöneberger Südgelände werden die letzten Informationen ausgetauscht. Um was geht es heute? Na, Shakespeare! Die Gatten hätten gerne schnell eine Inhaltsangabe, die Damen halten ihnen das Programmheft hin. Die Verwirrungen in „Was ihr wollt“ treiben manchen noch ein paar Schweißtropfen mehr auf die Stirn.

Dann aber geht es los, die Shakes­peare Company Berlin, seit 15 Jahren aktiv, gibt erst mal die Rampensau. Hey, die sind witzig und wissen genau, wie sie uns zum Lachen bringen. Das entspannt.

Die Geschichte beginnt mit der schiffbrüchigen Viola, die in Illyrien an den Strand gespült wird. Als Mann verkleidet dient sie am Hof des Grafen Orsino, verliebt sich in ihn und muss doch in seinem Auftrag um Olivia werben. Seltsam sieht dieses Illyrien aus, mit Geranien und Gartenzwergen, eine Deutschlandkarikatur im Miniaturformat. Es wird mal norddeutsch, mal süddeutsch ein Dialekt präsentiert, Katharina Kwaschik bekommt als resolute Haushälterin Maria im Haus von Olivia dafür immer einen Lacher.

Überhaupt sind es die komischen Figuren, der eitle Malvolio, der gedankenschnelle Narr Feste und der trankverliebte Tobias von Rülp, denen die besten Szenen in diesem Volkstheater gehören. Zum Beispiel sich zu dritt hinter einem Stück Gartenzaun zu verstecken, der dafür absolut zu klein ist, um Malvolio zu beobachten. Jede Bewegung von ihm erzeugt aus Angst vor Entdeckung ein Umsortieren der Körper.

Zum Leiden zu heiß

Das Leiden an der unerwiderten Liebe, das Orsino, Oliva und Viola in dieser Shakespeare-Komödie bedrängt, hält die Inszenierung von Alexander Flache dagegen eher schmal. Das muss erzählt werden, gut, besondere Fantasie fließt da nicht hinein. Mehr staunt man, wie schnell sich der Schauspieler Nico Selbach vom Grafen Orsino in Sebastian, Violas totgeglaubten Zwillingsbruder, verwandeln kann und dann noch in Andreas von Siechenwang, einen von der eigenen Dummheit überzeugten Trinkkumpel von Tobias von Rülp. Die Kostüme von Gabriele Kortmann, in asymmetrischen Formen stilisiert, erlauben mit Anlegen von Westen und Kappen schnelle Verwandlungen. Aber heiß muss es darin sein.

Man kann im Programmheft lesen, dass Alexander Flache sein Publikum nicht nur unterhalten wollte. Weil die Geschichte mit einem Schiffbruch beginnt, dachte die Compagnie an die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. Dass ihr Illyrien so deutsch aussieht, kommt auch daher, dass Deutschland der Sehnsuchtsort vieler Migranten ist. Aber dann scheint sich dieser Kontext im Lauf der Proben irgendwo verloren zu haben und übrig bleibt, was Spaß macht.

Katrin Bettina Müller

„Was ihr wollt“, Di.–Fr. 20 Uhr, Sa. 19 Uhr, bis 11. Juli, und wieder 21. Juli bis 1. August im Naturpark Schöneberger Südgelände