Streit um Buch über Frei.Wild: Rechts? Nicht rechts? Rechts?

Der Autor Klaus Farin hat ein Buch über die umstrittene Band geschrieben. Schule ohne Rassismus hat es promotet. Darum gibt es jetzt Streit.

Ein T-Shirt der Band Frei.Wild mit Schriftzug

Vollidiot? Heut würde man wohl eher Vollpfosten sagen – T-Shirt der Band Foto: imago/Stefan M. Prager

„Das hier wird die Frei.Wild-Bibel oder das Frei.Wild-Lexikon schlechthin.“ So zumindest preist die Südtiroler Band Frei.Wild schon vor Erscheinen ihr Buch an. Das Werk – mit vollem Titel „Frei.Wild – Südtirols Konservative Antifaschisten“, das der Autor Klaus Farin geschrieben hat, kann man im Onlineshop der Band bestellen.

Farin ist bekannt für seine Werke über Jugendkulturen. Nun aber ist die Aufregung groß. Warum?

Frei.Wild ist umstritten, der Band wird unterstellt, nationalistisch und völkisch zu sein. Doch der Titel des Buches suggeriert, dass die Gruppe von diesem Vorwurf freigesprochen wird. Die Debatte hat nun auch die “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ erreicht. Die nämlich promotete das Buch. „Wir stehen in einer harschen Kritik“, sagt deren Geschäftsführer Eberhard Seidel der taz.

Das ist anderen in der Organisation zu lax. „Es ist ein Fanbuch“ sagt Medi Kuhlemann von Schule ohne Rassismus in Schleswig-Holstein. „Nicht umsonst“ würde der Autor Farin Autogrammstunden mit der Band geben, bestätigt Nils Raupauch. Er ist Berater von Betroffenen rechter Gewalt im Bundesprogramm “Demokratie leben“. In einem offenen Brief führen Kuhlemann und Raupach aus, dass Farin „fast ausnahmslos sehr kurze kritische Stimmen“ präsentiere.

Kuhlemann und Raupach sagen, das Engagement des Leadsängers Philipp Burger in der rechtsextremen Szene erscheine als „unpolitische Phase“ und die Texte zu „Heimatliebe“ und „Patriotismus“ erschienen als „nicht ausgrenzender Natur“. Die Band würde allerdings als „Werte der Heimat“ nicht „ ‘Einigkeit und Recht und Freiheit‘, sondern ‚Sprache, Brauchtum und Glaube‘ sowie die ‚Wurzeln‘ des ‚Volkes‘ “ beschwören. Die „Unterrichtsanregungen“ gingen indes nicht als adäquates Bildungsmaterial durch. Es verwundere zudem, dass für Farin die Ablehnung des Nationalsozialismus genüge, „antifaschistisch“ zu sein. Dann wären auch „Hooligans gegen Salafisten“ und Pegida „antifaschistische Gruppen “.

„Unkritische Dokumentation“

Schon nach einer Tagung des Courage-Netzwerks im Mai kam vorsichtige Kritik am Buch und am Autor auf. Bei der Tagung richtete Farin zwei Workshops zur Band aus. In ihrer „Infopost“ wies „Schule ohne Rassismus“ zuvor auf das Buch hin, das bei ihr für einen kurzen Zeitraum billiger bestellt werden konnte.

Das Buch sei „eine affirmative und unkritische Dokumentation der Band und ihrer Fankultur“, kritisiert Nicolle Pfaff, Jugendforscherin an der Universität Duisburg-Essen: „Die „unreflektierte Verwendung des Begriffs ‚Antifaschismus‘ entwertet“ sogleich die „antifaschistische Arbeit“.

Diese Kritik hält auch Seidel Farin vor. In dem 400-Seiten-Buch würde eine Fanstudie von über 4.000 Fragebögen präsentiert. Pfaff sagt auch, es fehle die „analytische Auseinandersetzung mit Interviewmaterial und Befragungsdaten“.

Mittlerweile legte ein Pate einer Courage-Schule seine Patenschaft nieder. „Wir haben die Brisanz unserer Präsentation des Buches unterschätzt“, bekennt Seidel selbstkritisch.

Schon vor Erscheinen des Buchs hielten Paten Frei.Wild „für problematisch“. „Wir können weder etwas mit ihrem Heimatbegriff anfangen noch mit dem Nationalismus und Patriotismus und den ‚Ihr‘ und ‚Wir‘ in deren Liedern“, sagt Seidel. Aber: „Nach der Lektüre wissen wir noch besser, warum.“ „Von der Schule ohne Rassismus erwarten wir fachliche Beiträge, kein Fanbuch“, fordern Kuhlmann und Raupach.

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