Christian Rath über Dienstgeheimnisse und Staatsgeheimnisse
: Kein publizistischer Landesverrat

Die Entlassung von Generalbundesanwalt Harald Range machte sich an einem Detail fest, vielleicht sogar an einem Missverständnis — wurde Range angewiesen, ein Gutachten zu stoppen, oder hat er sich selbst dazu bereit erklärt? Viel wichtiger ist aber die Frage, ob gegen Journalisten, die ihre Arbeit machen (indem sie der Gesellschaft Informationen über relevante Vorgänge liefern) mit der strafrechtlichen Superkeule des Landesverrats ermittelt werden kann.

Wichtig ist dabei, dass zwischen Dienstgeheimnissen und Staatsgeheimnissen unterschieden wird. Dienstgeheimnisse nämlich gibt es in jeder Behörde. Auch sie sind strafrechtlich geschützt. Allerdings ist es laut Strafgesetzbuch ausdrücklich straffrei, wenn Journalisten ein Dienstgeheimnis veröffentlichen. Strafbar macht sich in der Regel nur die Quelle, welche die Information weitergegeben hat.

Ein Staatsgeheimnis allerdings ist von ganz anderem Kaliber. In diesem Fall ist die „äußere Sicherheit“ Deutschlands bedroht, wenn eine „fremde Macht“ davon erfährt. Ausnahmen für Journalisten gibt es nicht, weil ihre Veröffentlichung ja gerade auch die „fremde Macht“ informieren würde. Soweit man einen solchen Paragrafen überhaupt braucht, muss er jedenfalls sehr restriktiv ausgelegt werden.

Wer also jedes Papier zu den Fähigkeiten des Verfassungsschutz als Staatsgeheimnis betrachtet, hat den Unterschied zwischen Dienstgeheimnis und Staatsgeheimnis nicht einmal im Ansatz verstanden. Deshalb war es juristisch von Anfang an abwegig, gegen die Netzpolitik.org-Journalisten überhaupt wegen Landesverrat zu ermitteln. Und es ist zwingend, das Verfahren nun so schnell wie möglich einzustellen. Zudem sollte Justizminister Maas möglichst bald eine gesetzliche Klarstellung vorlegen, dass es so etwas wie „publizistischen Landesverrat“ in Deutschland nicht geben kann.

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