Der Warlord Bosco Ntaganda plädiert auf „nicht schuldig“

KONGO Der Kriegsverbrecherprozess in Den Haag beginnt mit der Verlesung der Anklage

Für die Chef­anklägerin ist dieser Prozess ein Test

BERLIN taz | Zum Auftakt seines Kriegsverbrecherprozesses vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag hat der kongolesische Warlord Bosco Ntaganda auf „nicht schuldig“ plädiert. Er äußerte sich zu Beginn der Verlesung der umfangreichen Anklage gegen ihn, die insgesamt 18 Punkte umfasst. Die Anklagebehörde macht Ntaganda als Leiter der FPLC (Patriotische Kräfte zur Befreiung des Kongo), dem militärischen Arm der Rebellenbewegung UPC (Union kongolesischer Patrioten), für die von der FPLC während ihres Kriegs in Kongos nordöstlichem Distrikt Ituri 2002/2003 begangenen Verbrechen verantwortlich. UPC-Chef Thomas Lubanga sitzt bereits in Den Haag in Haft.

„Bosco Ntaganda war der Oberkommandierende der UPC, zuständig für Operationen und Organisation“, sagte ICC-Chefanklägerin Fatou Bensouda, für die dieser Prozess eine Bewährungsprobe darstellt – die bisherigen Prozesse in Den Haag hatte noch ihr Vorgänger Luis Moreno Ocampo vorbereitet. Ntaganda habe die Logistik, Ausbildung und Versorgung seiner Kämpfer organisiert und auch „persönlich“ Verbrechen begangen, indem er Hunderte Kindersoldaten anheuerte und sie dann misshandeln ließ. 70 Zeugen, Satellitenaufnahmen und Fotos von Massengräbern will die Anklage aufbieten, um einzelne Massaker zu belegen. Es gehe um 5.000 Tote – von rund 60.000, die damals in Ituri starben.

Bensouda betonte, dies sei kein Prozess einer einzelnen ethnischen Gruppe – aber genau dies dürfte im Kongo bezweifelt werden. Die UPC kämpfte als Miliz des Hema-Volkes in Ituri, das sich als Opfer gezielter ethnischer Massaker sah, die damals von den von Kongos Regierung unterstützten Milizen des Lendu-Volkes begangen wurden; deshalb kämpfte die UPC gemeinsam mit regierungsfeindlichen Rebellen. Die Anklage wirft nun Ntaganda vor, Teil eines gemeinschaftlichen Plans gewesen zu sein, Ituri unter Kontrolle zu bekommen; damit betritt sie schwieriges politisches Terrain.

Wohl auch im Bewusstsein der politischen Dimension des Prozesses hatte der ICC zunächst erwogen, die Prozesseröffnung in Ituris Hauptstadt Bunia zu verlegen, davon aus Sicherheitsgründen aber wieder Abstand genommen. In Bunia kann man den Prozess nun über Radio verfolgen. DOMINIC JOHNSON