Föderalismus

Bund und Länder einigen sich über die Verteilung der Flüchtlinge. Nur hinter der Finanzierung steht noch ein großes Fragezeichen

Bundeswehr und Zoll sollen in der Asylbehörde aushelfen

Sondertreffen Der Bund will die Länder mehr unterstützen, bleibt aber vorerst unverbindlich. Die Ministerpräsidenten zeigten sich am Mittwoch enttäuscht

Die Bundesregierung will Einrichtungen zur Erstaufnahme von Flüchtlingen und „Drehkreuze“ zu ihrer Verteilung einrichten. Wo, wann und wie – das ist aber noch offen

BERLIN taz | Von ihrem Termin im Kanzleramt hatten sich die Ministerpräsidenten etwas mehr erwartet: Über die Ergebnisse ihres Treffens mit der Bundeskanzlerin äußerten sich die Regierungschefs der Länder am Mittwoch überwiegend enttäuscht.

Man sei zwar „einen Schritt vorwärtsgekommen“, sagte zum Beispiel Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer, zufrieden sei er aber noch nicht. Die Bundesregierung müsse jetzt „ihre Hausaufgaben machen“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Und: Es sei „noch Luft nach oben“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig. Die Runde am Vorabend hatte länger gedauert als erwartet. Erst kurz vor 23 Uhr verkündeten die Teilnehmer das Ergebnis: Der Bund will den Ländern künftig stärker unter die Arme greifen, Details blieben aber offen.

Problem ein s: 40 000 Plätze für neu ankommende Flüchtlinge will die Bundesregierung einrichten. Die Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder würden dadurch entlastet. Unklar ist noch, welche Funktion diese Unterkünfte genau erfüllen sollen: Ob sie als Pendant zu den regulären Erstaufnahmelagern der Länder dienen (in dem Fall würden Flüchtlinge für drei Monate dort bleiben, bevor sie an die Kommunen verteilt werden) – oder ob sie als Puffer für Stoßzeiten gedacht sind (dann würden Flüchtlinge dort nur für ein paar Tage bleiben und an die Länder verteilt werden, sobald in deren Lagern wieder Platz ist).

Problem zwei: Einziges Bahn-Drehkreuz, von dem ankommende Flüchtlinge auf die Länder verteilt werden, ist bislang München. Um Bayern zu entlasten, sollen weitere Knotenpunkte eingerichtet werden. Wo und wann, das ist noch nicht geklärt. „Die Gespräche laufen noch“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch. Seitdem die Bundesregierung Grenzkontrollen eingeführt hat, dränge das Problem aber nicht mehr so sehr: Die meisten Flüchtlinge kämen seitdem nicht mehr per Zug in München an, sondern würden schon an der Grenze aufgegriffen.

Problem drei: Weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu wenig Personal hat, müssen Asylbewerber derzeit Monate warten, bis ihre Asylanträge bearbeitet sind. Kanzlerin Merkel kündigte nach dem Gipfel an, dass Mitarbeiter von Bundeswehr und Zoll demnächst beim Bundesamt aushelfen werden. Ab wann sie los­legen, ist aber noch unklar. Details sollen bis zum nächsten Gipfel am 24. September geklärt werden.

Problem vier: Schon zu Monatsbeginn hatte sich die Große Koalition auf Änderungen im Asylrecht geeinigt. Unter anderem will sie drei weitere Balkanstaaten zu sicheren Herkunftsstaaten erklären. Ob die Länder im Bundesrat zustimmen, ist noch unklar. Auch darüber wollen Merkel und die Ministerpräsidenten erst am 24. September sprechen. Tobias Schulze