Zukunft des Ehegattensplittings: Absurdes Relikt im Steuerrecht

Die SPD will das Ehegattensplitting erneut abschaffen. Doch die Union verteidigt den Steuernachlass für Gutverdiener eisern. Wer gewinnt?

Bräute laufen bei einer Modenschau über den Laufsteg

Sollten sich reiche Ehemänner suchen, wenn sie so richtig vom Staat profitieren wollen. Foto: ap

BERLIN taz | Das Ehegattensplitting ist ein absurdes Relikt im Steuerrecht. Seine Nachteile sind bekannt, aber bis heute hat sich keine Regierung getraut, es einfach abzuschaffen. Die SPD wagt nun einen neuen Vorstoß. „Das Ein-Ernährer-Modell mit der hinzuverdienenden Partnerin ist nicht mehr der Maßstab für die Mehrheit“, heißt es in einem Vorstandsbeschluss. Hat das Aussicht auf Erfolg?

So funktioniert’s: Das Ehegattensplitting nutzt Paaren, deren Einkommen weit auseinanderliegen. Das Finanzamt verteilt das Familieneinkommen auf beide Partner, auch wenn einer viel, der andere aber nichts verdient. So fällt weniger Einkommensteuer an. Davon profitieren gut situierte Alleinverdiener-Ehen. Ein Paar, das über 500.000 Euro im Jahr versteuert, spart bis zu 15.718 Euro – gut 1.300 Euro im Monat.

Der kinderlose Chefarzt, dessen Ehefrau zu Hause bleibt, wird vom Staat reich beschenkt. Verheiratete Verkäuferinnen oder Krankenpfleger haben nichts vom Splitting. Sie verdienen wenig, außerdem arbeiten ihre Partner oft. Alleinerziehende und unverheiratete Paare gehen ebenfalls leer aus. Das Ehegattensplitting sponsert also die klassische Ehe, ein Modell, das viele heute ablehnen. Es berücksichtigt nicht, ob ein Paar Kinder großzieht. Und es verleitet Frauen dazu, sich aus dem Beruf zurückzuziehen.

Das will die SPD: Die SPD schlägt vor, ein Familiensplitting mit einer Kinderkomponente einzuführen. Es würde Kinder zum Kriterium der Förderung machen. Alle Eltern würden profitieren, egal ob sie verheiratet, unverheiratet oder alleinerziehend sind. Ziel sei, Eltern mit kleinen und mittleren Einkommen nicht schlechter zu stellen als reiche Eltern. „Dem Staat muss jedes Kind gleich viel wert sein.“ Die SPD will Bestandsschutz für Paare, die das Splitting schon nutzen – die Reform würde also Jahrzehnte dauern. Der Plan ist nicht ohne Risiko. Bei der Bundestagswahl 2013 bekam die SPD zu spüren, was es heißt, sich mit den Interessen der Mittel- und Oberschicht anzulegen. Ihr Werben für das Aus des Splittings war ein Grund, warum die SPD so schlecht abgeschnitten hat.

Aus einem SPD-Vorstandsbeschluss

„Dem Staat muss jedes Kind gleich viel wert sein“

Das will die Union: CDU und CSU halten am Splitting fest. Die Ehe sei der Kern der Familie. Die Konservativen möchten ergänzend ein Familiensplitting einführen, das anders aussähe als bei der SPD. Sie schlagen vor, den steuerlichen Freibetrag für Kinder schrittweise auf den für Erwachsene geltenden Freibetrag anzuheben. Außerdem sollen Kindergeld und -zuschlag steigen. Dies würde Familien mit Kindern im Schnitt um rund 700 Euro im Jahr entlasten, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ausgerechnet. Die Entlastung steige mit dem Einkommen, kritisiert das DIW aber. Außerdem seien die Kosten mit über 7 Milliarden Euro pro Jahr sehr hoch.

Das wollen Grüne und Linke: Die Grünen warben vor der Wahl 2013 für die Abschaffung. Wegen des schlechten Wahlergebnisses ist der Eifer der Ökopartei abgekühlt. Katrin Göring-Eckardt, die starke Frau der Grünen, glaubt, dass eine Reform in ökoaffinen Bürgermilieus schlecht ankäme. Die Grünen halten sich alles offen, eine Arbeitsgruppe prüft mehrere Modelle. Manche in der Fraktion sind für die Abschaffung, allerdings mit einem sanften Übergang. Andere möchten all den Paaren den Vorteil erhalten, die ihr Einkommen nachweisbar teilen. Damit bliebe das Splitting faktisch erhalten, weil das jeder pro forma nachweisen könnte.

Die Linkspartei will die Abschaffung. „Stattdessen wollen wir eine individuelle Besteuerung einführen“, heißt es im Parteiprogramm. Mit den Einsparungen solle der Staat das Zusammenleben mit Kindern fördern.

Fazit: Das Ende des Ehegattensplittings wäre in einer rot-rot-grünen Koalition machbar. Solange die Union den Kanzler stellt, wird das Staatssponsoring für Gutverdiener wohl erhalten bleiben.

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