Pumpen für die Umwelt: Jerry Brown (links) und Arnold Schwarzenegger beim Interview in Paris. Brown, 77, Demokrat und Gouverneur von Kalifornien, hat dort Plastiktüten verboten und fördert den Ausbau von erneuerbaren Energien. Schwarzenegger, 68, wurde als Bodybuilder, Terminator und republikanischer Politiker bekannt Foto: Foto [Montage taz]: Christophe Petit Tesson/dpa

„Mission: Die Welt zu überzeugen“

DIE KLIMATRAINER Der frühere und der aktuelle Gouverneur von Kalifornien, Arnold Schwarzenegger und Jerry Brown, im taz-Interview über die Gemeinsamkeiten von Fitness und Umweltschutz, Filme über den Klimawandel und die Welt in 30 Jahren

Interview Ingo Arzt

taz: Fährt jemand von Ihnen noch einen VW?

Jerry Brown: Nein, ich fahre einen Ford Crown Vic.

Und Sie, Herr Schwarzenegger?

Arnold Schwarzenegger: Ich werde keinen Hund angreifen, der schon am Boden liegt und echt Ärger hat. Das mache ich nicht. Ich hoffe, dass die ihre Probleme lösen, dass sie Autos bauen, die energieeffizient sind – Elektroautos und Wasserstoffautos und Hybridautos – und dass sie das gut und effizient machen.

VW ist vielleicht auch das kleinste Problem. Wenn Sie von Kalifornien aus nach Europa blicken: Wir haben eine Eurokrise, wir haben viele Flüchtlinge, und über allem schwebt die Klimakrise. Wie empfinden Sie das aus Ihrer Perspektive?

Brown: Die Flüchtlinge sind getrieben von den Unruhen im Nahen Osten. Der Klimawandel selbst wird ebenfalls Unruhen verursachen. Ich sehe das als eine Art Warnung an die Welt, sich jetzt am Riemen zu reißen, den CO2-Fußabdruck zu reduzieren, damit die Lebensräume erhalten bleiben. Denn jedes Land kann am Ende nur eine gewisse Anzahl von Migranten aufnehmen.

Herr Schwarzenegger, in den USA verneint fast jeder Präsidentschaftskandidat der Republikaner, Ihrer eigenen Partei, den Klimawandel. Wie wollen Sie die Republikaner davon überzeugen, dass der Klimawandel eine echte Gefahr ist?

Schwarzenegger: Meine Mission ist es, die ganze Welt zu überzeugen. Das ist wie Fitness zu promoten. Die letzten vierzig Jahre war ich auf einem Fitnesskreuzzug. Es hat lange gedauert, bis die Leute verstanden haben: Ja, du musst deinen Körper jeden Tag bewegen und mit Gewichten trainieren. Zu Beginn sagte jeder: Das ist alles Humbug, dann siehst du muskelbepackt aus, bekommst einen Herzinfarkt, das macht dich zum Narzissten, du wirst schwul und so was – aber nach ein paar Jahrzehnten haben wir das überwunden. Und jetzt macht jeder Athlet Krafttraining …

und das ist ein Symbol für den Klimawandel?

Es hat eben überhaupt nichts damit zu tun, ob es ein republikanischer oder ein demokratischer Athlet ist. Und so müssen wir jeden auf dieser Welt überzeugen. Wir müssen unsere Botschaft klar ausdrücken. Und die ist immer noch nicht die richtige, weil wir ständig darüber sprechen, was in 20 oder 50 Jahren passieren wird. Wir müssen viel mehr darüber reden, was heute los ist: Dass 19.000 Menschen täglich wegen Luftverschmutzung sterben, das sind sieben Millionen Opfer jährlich. Die Menschen können sich besser einfühlen in das, was hier und jetzt passiert, denn es geht ums Überleben. Das ist einer der wichtigen Punkte: Ich versuche, das große Ganze zu sehen. Allein die Tatsache, dass hier zwei verschiedene Parteien sitzen …

Sie sind Republikaner, Herr Brown ist Demokrat …

Der Klimanator:Noch als Gouverneur von Kalifornien gründete Arnold Schwarzenegger die Organisation „Regions of Climate Action“. Dem Bündnis sind weltweit 560 Lokalregierungen, Kommunen und Bundesländer beigetreten, um jenseits der staatlichen Ebene Klimaschutz auf lokaler Ebene voranzubringen. Jerry Brown hat die Initiative „Under2Mou“ mitgegründet, in der sich weltweit Regionen mit 588 Millionen Einwohnern zum Klimaschutz verpflichten, darunter Nordrhein-Westfalen.

Kalifornien:Der US-Bundesstaat ist in den USA Vorreiter im Klimaschutz. Hollywoodstars und Tech-Milliardäre engagieren sich, hier stehen die leistungsstärksten Solarkraftwerke der Welt. Mit Tesla ist einer der führenden Anbieter von Elektrofahrzeugen hier angesiedelt.

Vorbild:Der Bundesstaat hat CO2 als Schadstoff definiert, Arnold Schwarzenegger konnte damit die Senkung des CO2-Ausstoßes in Kalifornien anordnen. Der Oberste Gerichtshof der USA bestätigte dieses Vorgehen 2009 – woraufhin Barack Obama die Strategie übernahm. (ia)

… Ronald Reagan war ein Republikaner und hat sich gekümmert, Gray Davis war ein Demokrat und er hat in Sachen Umweltschutz ebenfalls etwas weitergebracht. Wir sehen das in Kalifornien so: Das ist eine Angelegenheit aller Menschen. Wir müssen vorangehen, und wir müssen etwas tun, das gut ist für die Menschen in Kalifornien und weltweit.

Herr Brown, Sie waren von 1975 bis 1983 Gouverneur in Kalifornien, seit 2011 sind Sie es wieder. Was hat sich seitdem verändert? Sehen Sie, dass wir das Klimaproblem lösen können?

Brown: 1975 hat niemand über den Klimawandel geredet. Das stand schlicht nicht auf der Agenda. Seitdem hat sich viel Sensibilität für das Thema entwickelt, das ist sicher.

Schwarzenegger: Gouverneur Brown hat während seiner ersten Amtszeit die Grundlagen für Wind- und Solarenergie gelegt, für alternative Treibstoffe und erneuerbare Energien – damals, als die Leute noch dachten, das sei total hirnrissig. Was ich gemacht habe, die Verpflichtung, Treibhausgase um 25 Prozent zu reduzieren, das baute auf diesem Fundament auf. Die Anerkennung gebührt also ihm.

Kalifornien ist ein interessanter Staat. Auf der einen Seite ist das Leben sehr CO2-intensiv. Auf der anderen Seite gibt es viele Maßnahmen gegen den Klimawandel. Glauben Sie wirklich, Sie könnten den American Way of Live aufrechterhalten und gleichzeitig den Klimawandel bekämpfen?

Brown: Wir müssen unseren Lebensstil ändern. Durch Technologie, Effizienz und Anpassungsfähigkeit werden wir eine höhere Wertschöpfung aus weniger Rohstoffen erreichen. Die Welt wird in 30 Jahren anders aussehen, aber wir werden immer noch eine hoch entwickelte Zivilisation sein.

Schwarzenegger: Als ich 2003 Gouverneur wurde, gab es das erste Mal-Car-Sharing in Los Angeles. Ich habe damals gesagt: lasst uns auch die alternativ angetriebenen Autos anbieten. Es gab damals nur zwei Modelle davon. 2010, in meinem letzten Amtsjahr, gab es 57 Modelle. Das zeigt den enormen Fortschritt, den wir gemacht haben. Wir setzen Steueranreize, wir lassen die alternativen Autos auf einer eigenen Spur auf den Highways fahren – um Anreize zu schaffen, weil sie oft noch teurer sind als normale Autos. Ich sehe große, große Fortschritte. Die Technik wird uns am Ende retten.

Ein letztes Wort zur COP21: Bekommen wir ein gutes Abkommen oder brauchen wir Graswurzelbewegungen von unten, um etwas zu ändern?

Die Welt von der Gefahr des Klimawandels zu überzeugen ist wie Fitness zu promoten. Anfangs sagt jeder: Das ist Humbug – aber irgendwann haben wir das ­überwunden

ARNOLD SCHWARZENEGGER

Brown: Beides. Das wird eine sehr mächtige Konferenz. Aber es machen gleichzeitig auch viele einzelne Regionen Klimaschutz,

Schwarzenegger: Der Top-Down-Ansatz ist extrem wichtig, also ganz oben zu verhandeln. Aber trotzdem braucht es auch eine Bewegung von unten. Wenn sich beide treffen, haben wir eine kritische Masse. 70 Prozent der tatsächlichen Anstrengung kommt von unten, 70 Prozent der Reduktion von Treib­haus­gasen werden von Regionen und Kommunen durchgesetzt – nicht von nationalen Regierungen. Deshalb ist es so wichtig, dass die UNO Kommunen, Regionen und Länder mit einbezieht. Wir in Kalifornien haben schon immer an die Macht der lokalen Regierungen geglaubt, wir haben noch nie auf die Bundesregierung in Washington gewartet.

Werden wir Arnold Schwarzenegger bald in einem Klimawandelfilm sehen?

Schwarzenegger: Na, hoffentlich schreiben Sie das Drehbuch.

Machen wir.