CSU gewinnt, Kinder verlieren

Flüchtlinge I Die Union setzt sich im Streit um den Familiennachzug durch. Kinder dürfen in Zukunft ihre Eltern nicht mehr nachholen. Aber es soll Ausnahmen geben

„Wir haben eine vernünftige Lösung gefunden“: Justizminister Maas (SPD) Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Aus Berlin Ulrich Schulte

Union und SPD haben ihren Streit über den Elternnachzug von minderjährigen Flüchtlingen beigelegt. Jugendliche mit subsidiärem Schutzstatus haben in Zukunft kein Recht mehr auf das Nachholen ihrer Eltern. Allerdings will die Koalition in Härtefällen Ausnahmen machen. Das teilten Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag mit. „Wir haben eine vernünftige Lösung gefunden – ohne die Beschlüsse der Koalition zu ändern“, sagte Maas.

Damit kann das zweite Asylpaket der Großen Koalition im Bundestag beraten werden. Das Bundeskabinett hatte vor gut einer Woche einen Gesetzentwurf beschlossen. Er sieht unter anderem vor, den Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus für zwei Jahre auszusetzen. Das sind Menschen, die nicht unter das deutsche Asylrecht oder die Genfer Flüchtlingskonvention fallen, aber trotzdem nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden – weil ihnen dort etwa Folter droht. Im Moment handelt es sich um eine kleine Gruppe.

Nachdem die SPD-Minister dem Beschluss im Kabinett bereits zugestimmt hatten, forderte SPD-Chef Sigmar Gabriel Nachverhandlungen. Es sei mit ihm nicht verabredet gewesen, dass der Nachzugsstopp auch für unbegleitete Minderjährige gelten solle. Das SPD-geführte Familienministerium räumte dann ein, die Veränderung im Entwurf zwar bemerkt, aber falsch eingeschätzt zu haben. Daraufhin wurden de Maizière und Maas als federführende Minister beauftragt, eine Lösung zu finden.

Und die SPD? Sie versucht, eine alte Regelung als neuen Sieg zu verkaufen

Was beide Seiten als Kompromiss bezeichneten, ist in Wirklichkeit ein Sieg der Union. De Maizière und Maas verwiesen auf Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes. Darin steht: „Einem Ausländer kann für die Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden.“ Allerdings ist das nicht neu. Diese Möglichkeit eröffnet das Aufenthaltsgesetz dem Staat schon lange. Und von einer Änderung des Aufenthaltsgesetzes war in dem Streit zwischen Union und SPD nie die Rede. Die SPD versuchte also, eine längst existierende Regelung als Sieg zu verkaufen.

Nur eine minimale Änderung hat sich die SPD erstritten. Bisher entscheidet laut Gesetz das Innenministerium allein über die Aufnahme von Ausländern aus humanitären Gründen. Künftig darf das SPD-geführte Auswärtige Amt mitreden. Außerdem sollen Familien von subsidiär Geschützten bei Flüchtlingskontingenten bevorzugt werden, heißt es in dem Kompromiss. Jene existieren allerdings noch nicht. Die Koalition will zunächst widerwillige EU-Staaten dazu bewegen, ebenfalls Kontingente aufzunehmen. Die CSU wertete die Einigung als Erfolg. Seine Partei habe sich durchgesetzt, twitterte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Die Beschlüsse würden nicht aufgeweicht.