Massenüberwachungmit neuer Verpackung

VERBRAUCHER EU und USA sind sich einig, was den Transfer von Daten über den Atlantik angeht

BRÜSSEL taz | Auch nach dem geplanten neuen Datentransfer-Abkommen zwischen der EU und den USA bleibt die umstrittene Massenüberwachung möglich. Das geht aus den Texten zum sogenannten Privacy Shield hervor, die die EU-Kommission am Montag in Brüssel veröffentlicht hat. Die neue Vereinbarung soll in den kommenden Monaten in Kraft treten und das 15 Jahre alte „Safe Harbor“-Abkommen ersetzen. Das war im Herbst vergangenen Jahres vom obersten EU-Gericht gekippt worden.

Das US-Recht biete keinen ausreichenden Schutz gegen eine massenhafte Überwachung, hatte der Datenschutz-Aktivist Max Schrems argumentiert, der das Verfahren ins Rollen brachte, und das Gericht war ihm gefolgt. Die Einwände seien in den Verhandlungen berücksichtigt worden, behauptet EU-Justizkommissarin Věra Jourová. Doch die nun veröffentlichten Texte, die noch von den Datenschutzexperten der „Artikel 29 Working Party“ begutachtet werden müssen, sprechen eine andere Sprache. Darin heißt es zwar, dass der Zugriff der US-Geheimdienste auf Daten europäischer Nutzer von der Regierung in Washington genehmigt und „möglichst eng zugeschnitten“ sein muss. Zugleich bleiben viele Hintertüren offen. In Anhang 6 werden gleich sechs Ausnahmen aufgezählt, für die doch eine Massenüberwachung möglich sein soll. Dazu zählen unerwünschte Tätigkeiten „ausländischer Mächte“, Terrorabwehr, Kontrolle der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Cybersicherheit. Sogar für die Überprüfung von US-Sanktionen sollen die Geheimdienste Zugriff erhalten.

Selbst bei diesen Ausnahmen gebe es noch Absicherungen, beschwichtigt die EU-Kommission. Sollten sich die USA nicht an die Absprachen halten, könnte das Abkommen sogar komplett ausgesetzt werden. Doch sehr realistisch ist das nicht.

Für Max Schrems handelt es sich daher nur um eine kosmetische Lösung. „Man versucht hier mit einigen Behübschungen, das illegale Safe-Harbor-System wiederzubeleben.“ Ähnlich äußerte sich der grüne Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht: „Die EU-Kommission darf jetzt keinen Freifahrtschein geben, sondern muss auf Nachbesserungen bestehen.“ Das geplante Abkommen dürfe keine Dauerlösung werden. Eric Bonse

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