Flüchtlinge in Europa: Direktflucht nach Deutschland

In Griechenland stranden immer mehr Menschen. Österreichs Bundeskanzler Faymann fordert, Flüchtlinge direkt nach Deutschland bringen.

Mann im Anzug mit dunkelroter Krawatte vor Österreich und EU-Flaggen

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann in Wien am 1. März. Foto: dpa

WIEN/BERLIN dpa | Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann hat Deutschland zur direkten Übernahme von Flüchtlingen aus Griechenland oder Nachbarstaaten Syriens aufgefordert. „Es sollte eine Tagesquote festlegen – und nach dieser Flüchtlinge direkt von Griechenland, der Türkei oder Jordanien nach Deutschland bringen“, sagte der Sozialdemokrat der österreichischen Zeitung Kurier.

Er schlug dafür Durchreise-Zertifikate vor. „So ist die Verteilung auch vorgesehen. Österreich kann und darf nicht zur Verteilstelle werden. Damit muss Schluss sein“, sagte Faymann. Es sei nicht länger tragbar, „dass täglich mehrere tausend Menschen durchgewunken werden, andererseits lässt uns Deutschland wissen, dass es heute nur 1000 oder 2000 oder einen ins Land lässt“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte das „einseitige Vorgehen“ Österreichs in der Flüchtlingskrise. „Wer die nationalen Grenzen schließt, bewirkt damit nichts gegen die Ursachen der Flüchtlingsbewegung. Er riskiert obendrein auf Dauer einen Schaden für unsere Wirtschaft“, sagte sie der Volksstimme. „Wir müssen dauerhafte, auch morgen noch vertretbare Lösungen finden – und vor allem Lösungen, die nicht einseitig etwas festlegen, was andere Länder dann ertragen müssen.“

Angesichts der Not Tausender in Griechenland gestrandeter Flüchtlinge verlangt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International ein rasches gemeinsames Handeln der EU-Länder. „Ich weiß nicht, worauf die EU-Staaten warten – wie weit soll die Situation noch eskalieren?“, sagte die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Justizminister Heiko Maas mahnt Hilfen für Griechenland an und setzt auf eine gemeinsame Lösung beim EU-Gipfel am 7. März. „Niemand versteht doch, wenn die EU erst Griechenland mit Milliarden im Euro gehalten hat und jetzt die Lösung der Flüchtlingskrise auf das Land abgewälzt wird“, sagte der SPD-Politiker der Rheinischen Post (Mittwochsausgabe). „Die Bilder an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien sollten uns allen Ansporn sein, noch entschlossener für europäische Lösungen zu kämpfen.“

Die Flüchtlingspolitik wird an diesem Mittwoch auch die Spitzen von CDU und CSU beschäftigen. Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer wollen sich angesichts offener Gegensätze am Mittag im Kanzleramt treffen. An der Beratung sollen auch der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU), CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) teilnehmen.

Merkel hat vor den EU-Gipfeln im März bereits klargemacht, dass sie weiterhin europäische Lösungen zur Verringerung der Flüchtlingszahlen anstrebt. Die CSU verlangt dagegen unter anderem ein nationales Limit von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr und ein schärferes Vorgehen an der deutsch-österreichischen Grenze.

Grünen-Chefin Simone Peter kritisierte die europäische Flüchtlingspolitik scharf. Die Vorgänge in Idomeni in Griechenland und Calais in Frankreich „zeugen von der zunehmenden Verrohung der europäischen Flüchtlingspolitik“, sagte sie der Rheinischen Post.

Tausende warten in der Ägäis und bei Idomeni

In der griechischen Hafenstadt Piräus sind am Mittwoch mehr als 1000 Menschen von den Ägäisinseln angekommen. Sie hatten in den vergangenen Tagen von der türkischen Küste auf die griechischen Inseln im Osten der Ägäis übergesetzt.

Keine Entspannung auch an der griechisch-mazedonischen Grenze bei Idomeni. Nach griechischen Medienberichten warten mittlerweile mehr als 10.000 Menschen auf der griechischen Seite der Grenze. Sie hoffen, dass Mazedonien doch noch seinen Zaun öffnet und sie damit weiter nach Mitteleuropa kommen. Aus diesem Grund weigern sie sich, in Flüchtlingslagern südlich der Grenze untergebracht zu werden. Die Versorgung dieser Menschen wird immer schwieriger. Ihre Gesundheit – vor allem die der Kinder – sei in Gefahr, warnten mehrere humanitäre Organisationen.

Im Februar sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) insgesamt mehr als 55.000 Menschen in Griechenland angekommen.

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