Kritik an Vattenfalls Braunkohledeal: Umweltschützer sind enttäuscht

In Schweden geben die Gegner eines Verkaufs von Vattenfalls Braunkohlesparte nicht auf. Die Regierung dürfte den Deal durchziehen.

Luftaufnahme des Kraftwerk Jänschwalde

Schmutziger Strom aus gespeicherter Sonnenenergie: Kraftwerk Jänschwalde Foto: dpa

STOCKHOLM taz | Etwa zwei Monate haben die KritikerInnen des Verkaufs der deutschen Braunkohlesparte des schwedischen Staatsunternehmens Vattenfall an die tschechische EPH noch Zeit, um genügend Druck auf die Regierung in Stockholm aufzubauen, diesen Deal nicht abzusegnen. Mikael Damberg, der für den Genehmigungsprozess federführende Wirtschaftsminister, präzisierte mittlerweile den entsprechenden Zeitplan auf eine Entscheidung bis Ende Juni. Geprüft würden ausschließlich ökonomische Aspekte, also die Frage, ob dieser Verkauf für die schwedische Staatskasse eine günstigere Alternative als der Weiterbetrieb sei.

Kommt die rot-grüne Regierung mit einer solchen Beschränkung durch und macht das schwedische Parlament ihr bei der Ausklammerung von Klimaaspekten keinen Strich durch die Rechnung – und eine solche Mehrheit zeichnet sich bislang nicht ab –, wäre alles andere als ein Ja zum fraglichen Geschäft eine Überraschung.

Vattenfall hat der Regierung nämlich eine Berechnung vorgelegt, wonach man selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, nur einen „symbolischen“ Kaufpreis von EPH zu erhalten, insgesamt mit dem Verkauf am besten fahre – obwohl man sogar einen Betrag von 1,7 Milliarden Euro drauflegen und insgesamt Verluste von 3 Milliarden Euro hinnehmen muss.

Mit dieser Rechnung wäre Vattenfall sicher nicht ohne grünes Licht seitens der rot-grünen Regierung an die Öffentlichkeit gegangen. Die hatte dem Staatskonzern 2014 die Auflage erteilt, sich von der Braunkohle zu trennen und in Zukunft eine „treibende Kraft bei der Umstellung auf erneuerbare Energie“ zu werden.

Zwar war man damals davon ausgegangen, mit einem Verkauf noch einige Milliarden für die Staatskasse einstreichen zu können. Doch mittlerweile scheint man froh zu sein, überhaupt einen Interessenten gefunden zu haben. Oder wie die Tageszeitung Svenska Dagbladet kommentiert: Es gehe Ministerpräsident Stefan Löfven nicht mehr ums Geld, schon gar nicht ums Klima, sondern nur noch darum, „weg mit dem Elend“ zu kommen.

Grüne Glaubwürdigkeit

Die große Enttäuschung für die Umweltbewegung ist dabei die Rolle, die Schwedens grüne Miljöpartiet in der Regierung spielt. Hatte sie vor einigen Monaten noch verkündet, ohne einen „konkreten Klimagewinn“ würde man einem Verkauf niemals zustimmen, lassen erste Stellungnahmen darauf schließen, dass sie offenbar bereit sein könnte, sich der Linie des sozialdemokratischen Koalitionspartners anzuschließen.

Der Regierung in Stockholm geht es darum, raus aus derLausitz zu kommen

Eine „Havarie der grünen Glaubwürdigkeit“ wäre das für den Linken-Vorsitzenden Jonas Sjöstedt, der den Grünen vorhält, sie würden durch ein Abnicken des Verkaufs an ein „tschechisches Gangsterunternehmen ohne Umweltverantwortung“ an der „schlechtesten Klimaentscheidung in der Geschichte Schwedens“ mitwirken.

Annika Jacobson, Vorsitzende von Greenpeace Schweden, fordert ähnlich wie Sjöstedt, die Regierung solle den vereinbarten Verkauf noch stoppen. Das internationale Ansehen, das sich Schweden im Bereich der Klimapolitik erworben habe, stehe auf dem Spiel, wenn Vattenfall ausgerechnet an Spekulanten verkaufe, deren Geschäftsidee darauf beruhe, dass die klimapolitischen Ziele, auf die sich die internationale Gemeinschaft verständigt habe, schon nicht funktionieren würden.

Nicht weniger kritisch reagierte der Klimaratgeber der schwedischen Regierung, der Umweltwissenschaftler Johan Rockström. Der Verkauf sei „Wahnsinn“.

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