Unternehmen in der EU: Gabriel will mehr Investorenschutz

Ein neues Schiedsgericht soll europäische Firmen vor Willkür schützen, wenn sie in anderen EU-Staaten investieren.

An einem Podium steht ein voluminöser Mann und spricht in ein Mikrophon

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will ein europäisches Schiedsgericht zur Streitschlichtung zwischen Unternehmen und Staaten einführen Foto: dpa

BERLIN taz | Deutschland und vier andere Staaten wollen einen EU-weiten Investorenschutz plus Schiedsgericht einführen. Das sieht ein Papier für den Handelsausschuss des EU-Ministerrats vor. Geleakt wurde der Vorschlag von dem Netzwerk Seattle to Brussel, das sich für einen gerechten Welthandel einsetzt.

Wenn ein französisches Unternehmen in Deutschland investiert und sich vom deutschen Staat schlecht behandelt fühlt, dann müsste es nach diesem Vorschlag künftig nicht mehr bei deutschen Gerichten klagen, sondern könnte sich direkt an ein neues EU-Schiedsgericht wenden. Hinter diesem Vorschlag stehen neben Deutschland auch Frankreich, Österreich, Finnland und die Niederlande. Federführend in Deutschland ist Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der zugleich SPD-Vorsitzender ist.

Bisher gibt es rund 200 bilaterale Verträge zum Investorenschutz zwischen EU-Staaten. Sie entstanden nach 1990, als osteuropäische Staaten die Marktwirtschaft einführten und Investoren aus den EU-Staaten anlocken wollten. Inzwischen sind aber die osteuropäischen Staaten längst selbst in der Union, weshalb die EU-Kommission die alten Abkommen abschaffen will. Es sei eine Diskriminierung, wenn sich in den neuen EU-Staaten nur Unternehmen aus manchen alten Mitgliedsländern auf speziellen Investorenschutz berufen können.

Deutschland und seine vier Partner haben nun aber eine andere Lösung vorgelegt. Statt die bilateralen Vereinbarungen abzuschaffen, sollen sie in ein neues großes Abkommen eingebracht werden, in dem sich alle 28 EU-Staaten gegenseitig Investorenschutz versprechen.

Zur Begründung heißt es in dem Vorschlag, die Abschaffung des EU-internen Investorenschutzes mache die Union unglaubwürdig, wenn sie gegenüber Staaten wie Kanada und den USA auf speziellem Investorenschutz bestehe. Europäische Firmen dürften gegenüber kanadischen und US-Firmen auch nicht benachteiligt werden, wenn diese in Europa Investorenschutz erhalten. Außerdem könnten europäische Firmen sogar ihre Investments aus der EU abziehen, wenn es dort keinen speziellen Investorenschutz gebe.

Gericht mit 100 Richtern

Wie in solchen Verträgen üblich, soll Investoren eine faire rechtsstaatliche Behandlung garantiert und Schutz vor entschädigungsloser Enteignung gewährt werden. Umgekehrt soll auch das Recht der EU-Staaten, die Investitionsbedingungen festzulegen und zu ändern („right to regulate“), festgeschrieben werden.

Das neue EU-Schiedsgericht soll am Ständigen Schiedshof in Den Haag angesiedelt sein, der von 119 Staaten getragen wird. Die Richter, die von den 28 EU-Staaten benannt wurden, sollen zusammen das neue Gericht bilden. Deutschland hat derzeit vier Völkerrechtsprofessoren benannt: Doris König, Stefan Oeter, Eibe Riedel und Andreas Zimmermann. Doris König ist inzwischen auch Richterin am Bundesverfassungsgericht, auf Vorschlag der SPD. Da jeder EU-Staat bis zu vier Richter benennen könnte, wäre das ein Schiedsgericht mit rund 100 Richtern.

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