EMtaz: Portugals Krise: Der wahre Gegner heißt Schäuble

Im EM-Finale könnte Portugal auf Deutschland treffen. Jenes Land also, dessen Sparpolitik einer ganzen Generation die Zukunft verbaut hat.

Portugiesische Fans beim Public Viewing in Lissabon

Alles schön macht der Fußball. Aber wie geht's nach der EM weiter? Foto: dpa

Portugal ist nicht Griechenland, und der dortige sozialdemokratische Ministerpräsident António Costa nicht Alexis Tsipras. Und dennoch gehen die Portugiesen dem deutschen Außenminister Wolfgang Schäuble ganz ordentlich auf die Nerven. Denn Costa weicht die Sparpolitik auf, erhöht den Mindestlohn, gibt den Beamten einen Teil dessen zurück, was seine konservativen Vorgänger gekürzt haben, führt die 35-Stundenwoche im öffentlichen Dienst ein und stoppt die Privatisierung der staatlichen Fluggesellschaft TAP.

Das alles koste zu viel Geld, ist sich der Euro-Wächter in Berlin sicher. „Portugal macht einen schweren Fehler, wenn sie sich nicht mehr an das halten, wozu sie sich verpflichtet haben“, sagte Schäuble vergangene Woche in Berlin. „Sie werden ein neues Programm beantragen müssen, und sie werden es bekommen, aber die Auflagen werden heftig sein.“

Portugal will gar kein neues Geld. Costa wünscht sich nur eins: dass sein Land nicht von Brüssel bestraft wird. Denn es verfehlte im vergangenen Jahr das Defizitziel um 1,4 Prozentpunkte. Und genau das empört Schäuble, der auf Haushaltsdisziplin setzt. Doch das Ganze hat einen Schönheitsfehler. Damals regierten die Konservativen, die von Schäuble gern als „Musterschüler“ gepriesen wurden. Sie hielten ihr Versprechen nicht, während der jetzige, ausgabefreudigere Regierungschef Costa tatsächlich das Staatsdefizit senkt. So zeigen es die Zahlen aus dem ersten Halbjahr.

Costa ist sich sicher, dass seine Politik letztlich aufgehen wird. Er glaubt fest daran: Wenn die Portugiesen etwas mehr Geld in der Tasche haben, kurbelt dies den Konsum und damit die Wirtschaft an.

o.T. (Ronaldo). 115 cm x 80 cm / Acryl auf Leinwand / 2016 / Auftragsarbeit für die taz Illustration: Mario Faustino

Costas Regierung beschwerte sich „auf den üblichen diplomatischen Kanälen“ über Schäubles Aussagen. Sie hätten nämlich „negative Auswirkungen“, sowohl „an den Märkten, bei den Zinssätzen als auch beim Vertrauensklima“, hieß es.

Auch Schäuble ist das klar. Und so unrecht wäre es ihm wohl nicht, wenn Lissabon an den Finanzmärkten unter Druck kommen sollte. Denn für Schäuble darf nicht sein, was nicht sein kann. Es kann einfach keine Alternative zu seinem harten Austeritätskurs geben, und zwar weder in Griechenland noch in Portugal.

Dass die Sparpolitik eine ganze Generation ihrer Zukunft beraubt, stört Schäuble nicht. „Dann muss man den jungen Menschen eben sagen, geht für ein paar Jahre in ein anderes Land, nutzt die Mobilität“, erklärte der Bundesfinanzminister. Jährlich wandern 20.000 junge, gut ausgebildete Portugiesen aus ihrer Heimat aus. Die Krise ist ein Glücksfall für die Unternehmen nicht nur Deutschland.

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