Möglicher Außenminister Martin Schulz: Rampensau mit Ambitionen

EU-Parlamentspräsident Schulz gilt als heißer Anwärter für das Außenministeramt. Für SPD-Chef Gabriel wäre das eine zweischneidige Besetzung.

Sigmar Gabriel und Martin Schulz unterhalten sich, im Hintergrund sitzt Frank-Walter Steinmeier

Für Martin Schulz (r.) geht es um seine politische Zukunft Foto: dpa

BERLIN taz | Wäre Martin Schulz ein guter Außenminister? Seine Chancen, Frank-Walter Steinmeier im Auswärtigen Amt zu beerben, stehen gut. Martin Schulz, 60, im Moment noch EU-Parlamentspräsident, leidenschaftlicher Europapolitiker und rheinische Frohnatur mit Hang zur großen Schnauze, wird in der SPD oft genannt, wenn es um die Nachfolge des künftigen Bundespräsidenten Steinmeier geht.

Der gelernte Buchhändler und frühere Bürgermeister von Würselen, einer Kleinstadt bei Aachen, spielt seit Jahren eine zentrale Rolle in Brüssel und Straßburg. Seit 2012 ist er mit Unterbrechungen Parlamentspräsident, und er füllte den auf Repräsentation angelegten Posten mit Machtanspruch aus. Schulz ist ein enger Freund von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, mit dem er fast jeden Morgen telefoniert. Er kennt die allermeisten Staats- und Regierungschefs in der EU persönlich und hat selbstverständlich auch die Handynummer von Angela Merkel. Schulz ist ein absolut überzeugter Europäer.

Doch seine Zukunft in Straßburg ist ungewiss. Die Konservativen möchten seinen Posten in den kommenden zwei Jahren mit einem eigenen Mann besetzen. Schulz kämpft seit Monaten um eine Verlängerung. Ob er sich durchsetzen kann, ist mehr als fraglich. Für Schulz geht es deshalb auch um seine politische Zukunft. Ein Spitzenjob in der deutschen Politik wäre für den machtbewussten SPDler attraktiver, als als Hinterbänkler im EU-Parlament zu enden. Laut Koalitionsvertrag steht der SPD der Posten des Außenministers zu – er wäre wie für Schulz gemacht.

SPD-Chef Sigmar Gabriel wird diese Entscheidung treffen, für ihn wäre Schulz’ Schritt nach Berlin zweischneidig. Schulz genießt große Sympathien in der SPD, viele können ihn sich auch als Kanzlerkandidaten oder als Vorsitzenden vorstellen. Im Moment spricht viel dafür, dass Gabriel die Aufgabe, Angela Merkel 2017 herauszufordern, selbst übernimmt. Schulz, einer seiner wenigen Freunde in der engeren SPD-Führung, würde im Wahlkampf alles tun, um ihn zu unterstützen.

Spannend wäre, was nach einer – nicht unwahrscheinlichen – Wahlniederlage 2017 passiert. Gabriel wäre geschwächt, ihm würden alle Fehler angelastet. Griffe dann Schulz nach dem begehrten SPD-Vorsitz, von dem Gabriel stets betont, wie stolz ihn diese Aufgabe macht?

Schulz wäre in jedem Fall ein ganz anderer Außenminister als der besonnene Steinmeier. Jener wägt jede Silbe ab, beherrscht die Klaviatur der Diplomatie blind und wirkt deshalb etwas langweilig. Schulz verdankt seinen Aufstieg auch seiner großen Klappe. Wie Gabriel prescht er gerne mit Ideen vor, was manchmal klappt, manchmal aber auch nicht. Doch auch Schulz kann ungemein verbindlich sein, selbst wichtige Konservative schätzen seine Zuverlässigkeit.

Schulz statt Steinmeier, das wäre ein neuer Sound in der deutschen Außenpolitik.

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