kommentar von Ulrike Herrmannzu den Finanzverhandlungen mit Griechenland
: Sparen im Konjunktiv

Schäuble gibt den Diktator und macht Griechenland zur deutschen Kolonie

Der neue US-Präsident Donald Trump gilt längst als die größte Gefahr, die Europa je dräuen könnte. Diese Sicht ist bequem, aber verkürzt, ja sogar falsch. Die Existenz Europas entscheidet sich gerade anderswo: in Griechenland.

Hinter den Kulissen wird wieder um die Rettungspakete gerungen – und Deutschlands Finanzminister Schäuble bleibt stur. Die Griechen sollen noch mehr sparen, obwohl der Sparkurs nicht funktioniert. Das Schlüsselwort heißt „Primärüberschuss“. Gemeint ist das Plus im Haushalt, wenn man die Zinsen und Tilgung der Kredite nicht berücksichtigt.

Bis 2018 sollen die Griechen einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erzielen. Das ist unmöglich – obwohl die Griechen alle Sparauflagen erfüllen. Denn die ökonomische Logik ist stärker: Werden die Staatsausgaben drastisch gekürzt, bricht die Wirtschaft ein. Wo im Haushalt ein großes Plus stehen sollte, bleibt höchstens ein kleiner Überschuss.

Der IWF hat längst die theoretische Konsequenz gezogen: Ein großer Teil der griechischen Schulden müsse gestrichen werden – und der geforderte Primärüberschuss auf 1,5 Prozent sinken.

Doch Schäuble ignoriert diese Realitäten und verlangt ein Sparprogramm im Konjunktiv: Die Griechen sollen jetzt schon Kürzungen beschließen, die nach 2018 greifen, falls der Primärüberschuss dann keine 3,5 Prozent beträgt. Schäuble verhält sich wie ein Diktator: Er weiß, dass seine Sparauflagen für Griechenland nicht funktionieren – sonst wäre es ja überflüssig, weitere Kürzungsprogramme zu fordern. Trotzdem wird Griechenland zur deutschen Kolonie gemacht.

Deutsche Wähler goutieren Schäubles Stärke, doch jenseits der Grenzen verfestigt sich ein unschönes Bild: Deutschland erscheint als ein irrationaler Hegemon, der Europa dominiert und schwächere Staaten grausam quält. Das wird sich noch rächen.

Wirtschaft + Umwelt