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Nach dem Tor: Erleichterung statt großer Jubel Foto: Skolimowska/dpa

Ein bisschen Luft, ein bisschen Zuversicht

EISHOCKEY Nach historisch schlechter Hauptrunde gewinnen die Eisbären in der Endphase endlich mal wieder und dürfen nun auf die Pre-Playoffs hoffen

Auch Erleichterung kann ja bekanntlich schönen Jubel auslösen. Als am Freitagabend die erste Scheibe in der Arena am Ostbahnhof zwischen die Pfosten des Gegners aus Bremerhaven schlitterte, klang der Torschrei auf den Rängen nach kollektivem Aufatmen. Ja, die Eisbären treffen noch, und die gute Vorarbeit erinnerte daran, dass sie zumindest zwischenzeitlich auch sehenswert kombinieren.

All das keine Selbstverständlichkeiten in Berlin nach einer historisch schlechten Hauptrunde, wie der Verein sie seit zehn Jahren nicht mehr gespielt hat: 11 Auswärtsniederlagen in Serie, insgesamt 30 Niederlagen aus 48 Spielen. Sportdirektor Stefan Ustorf nannte es eine „erbärmliche Quote“, und Trainer Uwe Krupp, eigentlich kein Typ, der die Presse übermäßig in sein Gefühlsleben einlädt, bekannte jüngst gegenüber der B.Z., das sei die schwierigste Phase seiner Trainerkarriere. Auch der Trainer ist angekratzt. Krupp, der erfahrene Erfolgscoach, der Motivator, soll die Eisbären mittelfristig wieder zu Titeln führen. Die aktuelle Saison, in der das Team spielerisch fast nie zu sich fand und um die Pre-Playoffs zittern muss, geht an die Substanz.

Entsprechend mochte Krupp nach dem konzentrierten 4:1-Sieg gegen Konkurrent Bremerhaven kein großes Lob anstimmen. „Die Jungs haben rundherum ein solides Spiel gemacht“, so der Coach. „Das sind wichtige Punkte für einen Pre-Playoff-Platz.“ Ein bisschen Luft, ein bisschen Zuversicht: Durch die Punkte klettern die Berliner vom zehnten auf den neunten Tabellenrang und können allmählich fester mit den Pre-Playoffs planen.

Das liegt zwar weit unter den eigenen Ansprüchen, aber die haben sich inzwischen sowieso geändert. Nach der monatelangen Talfahrt gilt der Vereinsführung alles, was irgendwie in die Pre-Playoffs führt, als akzeptabel. Bisher sind sie in Berlin trotz der Krise ruhig geblieben – am Trainer zweifelt niemand laut, und jüngst wurde mit Stéphane Richer ein erfahrener Mann als Assistenztrainer verpflichtet. Er soll helfen, aus der Pleitensaison einen versöhnlichen Abschluss herauszuholen. Mit dem Spiel morgen in Krefeld sind es noch drei Partien bis zu den Playoffs; Platz 10 muss es mindestens werden.

In den Pre-Playoffs würden die Berliner in der ungewohnten Rolle des Außenseiters antreten: Die Mannschaft gilt vielen als überaltert; um es mit den ganz Großen der Deutschen Eishockey Liga (DEL) aufzunehmen, fehlt es an Qualität und an Geld. Uwe Krupp soll Zeit bekommen, etwas zu entwickeln. Zuletzt beklagte er, dass die Mannschaft durch die vielen Niederlagen auch mental angeschlagen sei.

Gegen Bremerhaven erspielten sich die Berliner ein Stück Selbstsicherheit zurück; am Schluss lief es butterweich. Ein Strohfeuer oder echte Verbesserung? Das Team arbeite sehr hart an sich, so Krupp. „Oft fehlt es, dass wir uns selbst belohnen. Diesmal haben wir viele Sachen gut gemacht.“ Mit dem Tabellenletzten aus Krefeld steht jetzt ein willkommener Gegner auf dem Plan: Krefeld wartet mit der schlechtesten Verteidigung der Liga und dem schwächsten Angriff – den zweitschwächsten Angriff allerdings haben die Eisbären.

Neben den Problemen auf dem Eis brodeln andere Probleme, genauer gesagt, ein Streit mit der eigenen Fanszene. Der Verein hat die Preise für die Dauerkarten erhöht; der Fanstammtisch klagt, sie seien vor vollendete Tatsachen gestellt worden, trotz angeblicher Diskussionsbereitschaft des Clubs. Gegen Bremerhaven verließen unter dem Motto „Fankultur (r)aus“ viele Fans die Stehtribüne: Die Protestierenden fordern „Dialog statt Monolog“ und Mitspracherecht der Fans – auch, wenn das in der DEL nicht überall üblich sei. Alina Schwermer