Kampf gegen den IS im Irak: Erbarmungsloser Kampf um Mossul

Irakische Armeeeinheiten rücken vor. Um die Moral des IS steht es schlecht, doch der Kampf um den Westteil der Stadt dürfte erbittert geführt werden.

Ein Mann küsste einen anderen auf die Wange

Freude über die Rettung durch die irakischen Streitkräfte Foto: ap

MOSSUL/KAIRO taz | Die Rückeroberung der letzten großen Hochburg des „Islamischen Staats“ (IS) im Irak ist seit dem 17. Februar in vollem Gange. Nach der Befreiung Ostmossuls und Umgebung in einer Offensive, die vier Monate gedauert hatte, ist nun der unter der Kontrolle des IS verbliebene Westteil der Stadt an der Reihe. In einer von Südwesten gestarteten Offensive rücken seit dem Wochenende Spezialeinheiten der irakischen Polizei vor, unterstützt von Kampfhubschraubern und amerikanischer Luftunterstützung.

Dabei sind die irakischen Einheiten in den letzten Tagen bis auf Sichtweite nach Westmossul vorgerückt. Am dritten Tag der Offensive haben sie den strategisch wichtigen Ort Abu Seif außerhalb der westlichen Stadtgrenze erobert. Von dort befindet sich der Flughafen Mossuls in Sichtweite. Der Flughafen ist nicht mehr in Betrieb, seit der IS Teile des Rollfeldes in die Luft gesprengt hat. Seine Eroberung wird das nächste Ziel sein, denn der Flughafen soll für den weiteren Vormarsch in die Stadt als Basis dienen. Und dort sollen dann die Elite-Antiterroreinheiten der irakischen Armee die weitere Eroberung der Stadt selbst und den Häuserkampf übernehmen.

Diese Einheiten sind schon jetzt in Ostmossul stationiert. An dieser Front ist es bisher ruhig. Vier der fünf Brücken über den Tigris-Fluss, der Ost- und Westmossul trennt, sind durch Luftangriffe oder Sabotage zerstört worden. Die verbliebene fünfte Brücke, die nur Fußgänger überqueren können, befindet sich in der Feuerlinie der Scharfschützen des IS, die niemanden über die Brücke lassen. Westmossul ist etwas kleiner als das bereits eroberte Ostmossul. Es könnte sich aber militärisch als größere Herausforderung erweisen. Dort befindet sich die Altstadt mit ihren engen Gassen. Westmossul ist auch dichter besiedelt. Und in diesen Stadtvierteln leben Bewohner, die möglicherweise gegenüber dem IS loyaler sind.

Die große Frage ist, wie stark die verbliebenen Kräfte des IS in Mossul noch sind. Bei der Eroberung des Ostteils der Stadt hatte die irakische Armee besonders mit Sprengfallen, Scharfschützen sowie Selbstmordattentätern und Autobomben zu kämpfen. General Abdul Wahab al-Saade, der Chef der irakischen Antiterroreinheiten, erwartet, dass der IS im Vergleich zum Kampf um Ostmossul geschwächt ist. „Wir bereiten uns natürlich auf alle Möglichkeiten vor, aber der IS hat Tausende seiner Kämpfer verloren und Hunderte seiner Selbst­mord­attentäter, auch die Kommandozentrale und die Drohnen, die sie eingesetzt haben. Viele der ausländischen Kämpfer sind gefallen. Die Moral beim IS ist geschwächt“, erklärt er im Gespräch mit der taz vor der neuen Offensive. Er wollte sich nicht darauf festlegen, wie lange die Eroberung Westmossuls dauern könnte. „Wichtiger ist es, dass wir die dort lebenden Zivilisten schützen“, sagt er.

„Als es zu Ende ging, haben die IS-Leute täglich einen Nachbarn erschossen“

Es sollen sich noch bis zu 650.000 Zivilisten in Westmossul aufhalten. Die UNO und die Hilfsorganisationen bereiten sich auf eine Fluchtwelle von mehreren 100.000 Menschen aus der Stadt vor. Im Moment werden im Süden und Südwesten der Stadt Lager für bis zu 150.000 Menschen vorbereitet. Laut UN-Angaben machten Zivilisten die Hälfte der Todesopfer bei der Eroberung Ostmossuls aus. Viele kamen durch Luftangriffe und Artilleriebeschuss um, andere wurden von der Armee erschossen, die aus Angst vor Selbstmordattentätern erst schießt und dann fragt.

Was den Einwohnern Westmossuls noch bevorsteht, schilderte der Goldschmied Ziad Abu Omar den Reportern vor zwei Wochen bei einem Gang durch sein befreites Stadtviertel in Ostmossul. Ziad Abu Omar lebte die vollen zweieinhalb Jahre unter der IS-Herrschaft im zuletzt schwer umkämpfte Viertel Taamin. Er deutete auf das Ende der Straße, in der er wohnt. „Als die IS-Leute merkten, dass es zu Ende ging, haben sie jeden Tag einen der Nachbarn aus den Häusern geholt und an dieser Stelle erschossen“, erzählt er. Das sei ihre Art gewesen, die Menschen einzuschüchtern.

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