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: Hoffen auf die Sensation

EISHOCKEY Die Eisbären haben in den Playoffs völlig überraschend Mannheim ausgeschaltet. Gegen München haben sie jetzt die Chance, ins Finale einzuziehen

Totgeglaubte können eine Zumutung sein. Sie lassen sich, ein Mal aus der Kiste gekrochen, so schnell nicht wieder einmotten. So jedenfalls die schon abgeschriebenen Berliner Eisbären, die im Viertelfinale der Playoffs sensationell die favorisierten Adler aus Mannheim aus dem Wettbewerb warfen. In sieben Partien arbeiteten sich die Mannheimer an zähen, kämpferischen Berlinern ab, davon drei Spiele mit Verlängerung. Eine sehenswerte, hochklassige Serie. Und die Hohenschön­hausener deuten spät, aber nicht zu spät in der Saison an, dass mehr Potenzial in ihnen steckt, als die verkorkste Hauptrunde vermuten ließ.

Zwei Mal standen die Eisbären kurz vor dem Ausscheiden, zwei Mal kamen sie beeindruckend zurück. In der letzten, der entscheidenden Begegnung am Dienstagabend traf Charles Linglet in der Verlängerung zum 2:1 für die Berliner. „Das war gute Werbung für Eishockey“, sagte Eisbären-Coach Uwe Krupp nachher. Und eine überraschende Wendung für seine krisengeschüttelte Mannschaft, die es nur mit Mühe und Not in die Playoffs geschafft hatte. Plötzlich sind die Eisbären wieder lebendig. Und dürfen heute im ersten Halbfinalspiel der Playoffs gegen den Titelverteidiger aus München die Frage beantworten, ob der Sieg One-Hit-Wonder bleibt oder Ausgangspunkt für Großtaten wird.

Ein Weiterkommen gegen den hohen Favoriten aus München wäre sehr überraschend, aber nicht unmöglich; es gehört zum Charme der Playoffs, dass wenige Spiele eine schlechte Saison egalisieren können. Dabei hatte nicht viel für die Berliner gesprochen vor der Endrunde. Die Mannschaft von Trainer Uwe Krupp schlitterte von einer Niederlagenserie zur nächsten und zeigte über weite Strecken der Saison enttäuschende Leistungen. Eine historisch schlechte Hauptrunde, historisch schlechte Zuschauerzahlen, viele Verletzungen und Kritik an der Einkaufspolitik von Manager Stefan Ustorf – die Liste der Probleme ist lang.

Der einstige Serienmeister gurkte auf Selbstsuche im Mittelmaß der Liga und beendete die Hauptrunde auf Platz 8. Nicht alle Fragezeichen sind durch den Sieg über die Adler gelöst: Vor allem finanziell stehen die Eisbären schlechter da als die Konkurrenz aus München, Mannheim oder Köln, und die aktuelle Rolle als Underdog entspricht langfristig nicht den Ansprüchen. Aber für den Moment haben die Berliner darin ihre Stärke gefunden.

Alina Schwermer