Abstimmung zum türkischen Referendum: Anstehen für die Zukunft

Rund 1,4 Millionen Menschen mit türkischem Pass dürfen in Deutschland über das Verfassungsreferendum in der Türkei abstimmen. Aufrufe mehren sich.

Menschen stehen vor einem Zaun mit Türkei-Flagge

Schlange vor dem türkischen Generalkonsulat in Berlin Foto: reuters

BERLIN taz | Graffiti an Berliner Hauswänden, Aufkleber unter den Ampelmännchen, Hashtags deutscher Twitter-Nutzer*innen: Hayir und Evet sind überall.

Die beiden Wörter sind die möglichen Antworten auf das Verfassungsreferendum, das der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan angestoßen hat. Stimmen mehr Menschen mit Evet (Ja) als mit Hayir (Nein), wird in der Türkei ein Präsidialsystem eingeführt. Es würde Erdoğan deutlich mehr Macht verleihen.

Aktivist*innen haben gute Gründe dafür, in Deutschland und anderen europäischen Ländern Wahlkampf zu machen. Rund 1,4 Millionen Menschen mit türkischer Staatsbürgerschaft, die zum Beispiel in Deutschland leben, dürfen abstimmen. Das sind ähnlich viele Wahlberechtigte, wie München Einwohner*innen hat.

Ab heute sind bundesweit 13 Wahllokale geöffnet, die meisten sind türkische Generalkonsulate. Wer über die Verfassungsänderung mitentscheiden will, muss innerhalb der nächsten zwei Wochen persönlich wählen. Eine Briefwahl ist nicht möglich. Am 9. April werden die Wahlurnen in die Türkei gebracht und erst dort geöffnet. Eine Woche später findet das Referendum in der Türkei statt.

Der Wahlkampf geriet zuletzt zu einem Streit auf politischer Ebene. Mehrere Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland wurden abgesagt. Die Regierungspartei AKP wirbt für das Präsidialsystem. Eine Gruppe von Verfassungsexperten des Europarats warnte, dass „der Inhalt der vorgeschlagenen Verfassungsänderungen einen gefährlichen Rückschritt in der verfassungsmäßigen demokratischen Tradition der Türkei darstellt“.

Wiederholter Faschismus-Vorwurf

„Bitte sagt Nein!“, beschwört etwa der Grünen-Politiker Cem Özdemir die Wähler*innen in einem Video. Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland empfiehlt, „Hayir“ anzukreuzen.

Unterdessen hat Erdoğan auf einer Kundgebung in Istanbul angekündigt, er werde die Bundesregierung weiter mit Nazis vergleichen. Bei seinem Auftritt am Sonntag erwähnte er den NSU-Prozess: „Ihr habt das noch immer nicht aufgeklärt. Ihr seid Faschisten, Faschisten.“

Bereits am Samstag hatte er außerdem das nächste Referendum angekündigt: Das Volk soll abstimmen, ob es überhaupt Interesse an einem EU-Beitritt der Türkei hat. Zudem sprach Erdoğan sich laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu für die Todesstrafe aus, obwohl sie einen EU-Beitritt verhindern könnte.

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