Bauvorhaben in Frankfurt/M.: Galoppsport soll Fußball weichen

Wo mal die Galopprennbahn Frankfurt war, soll eine Akademie des Deutschen Fußballbundes hin. Es gibt Streit um einen alten Pachtvertrag.

leere Ränge, Galopprennbahn Frankfurt

Soll geräumt werden: Gelände der Galopprennbahn Frankfurt Foto: dpa

FRANKFURT/M. taz | „Einzigartig in der Welt“ nannte im Jahr 2014 der damalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die geplante Fußballakademie des weltgrößten Fußballverbands bei der feierlichen Unterzeichnung des Pachtvertrags für das Areal, das bis dahin eine ­Galopprennbahn beherbergt hatte und der Stadt Frankfurt gehört. Einzigartig ist bislang allerdings lediglich das zähe Ringen der Beteiligten um das Baugelände.

Stadt und Deutscher Fußballbund auf der einen sowie der Rennclub und die FreundInnen des Turfsports auf der anderen Seite kämpfen mit harten Bandagen. Rennclub-Vize Carl-Philipp Graf zu Solms-Wildenfels, den die Rechtspopulisten von AfD und BFF im Frankfurter Römer inzwischen sogar zum ehrenamtlichen Magistratsmitglied befördern konnten, beruft sich auf einen bis 2024 laufenden Pachtvertrag. Die Verantwortlichen der Stadt sind davon überzeugt, dass dieser Vertrag längst rechtskräftig gekündigt ist.

Anfang Mai vertagte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt einmal mehr die Verhandlung über die Räumungsklage der Stadt. Am Freitag will das DFB-Präsidium sein weiteres Vorgehen beraten.

Der Stadt droht eine Vertragsstrafe

Sollte das Frankfurter OLG im zentralen Rechtsstreit gegen die Stadt entscheiden oder auch nur eine Revision beim Bundesgerichtshof zulassen, wäre die Geduld der Fußballfunktionäre wohl erschöpft. Ein Dutzend Städte und Gemeinden haben angeblich Alternativ­standorte für die DFB-Akademie angeboten. Bei einem Scheitern des Projekts kämen auf die Stadt Frankfurt neben dem Spott üppige Gerichtskosten, eine fette Vertragsstrafe und möglicherweise sogar Schadenersatzforderungen zu.

Zum 1. Januar 2016 wollte die Stadt das Gelände „lastenfrei“ übergeben. So steht es im Vertrag. Doch noch immer wehrt sich der Rennclub, die traditionsreiche Rennbahn freizugeben.

Der Rennbetrieb auf der Bahn ist längst eingestellt, auf dem Gelände wachsen Pusteblumen

Die großzügige Anlage am Rande des Stadtteils Niederrad, die vor mehr als 150 Jahren unter der Ägide zweier hessischer Prinzen ihren Betrieb aufnahm, liegt verlassen da. Die Pferdeboxen stehen leer. Auf der Rennbahn wachsen Pusteblumen. Der Rennbetrieb, der einst Zehntausende anlockte, ist längst eingestellt. Auf dem Gelände warnt ein großes Schild: „Betreten verboten“. Das gilt den MitarbeiterInnen der Stadt, denen der Rennclub Anzeigen wegen Hausfriedensbruch angedroht hat, sollten sie das Pachtgelände betreten.

63 000 Frankfurter waren für die Pferde

Ein Bürgerentscheid im Juni 2015 zur Standortfrage brachte keinen Durchbruch. 63.000 FrankfurterInnen stimmten gegen Stadt und DFB und für den Rennclub, 40.000 votierten für die DFB-Akademie. Da das Begehren das erforderliche Quorum verfehlte, berufen sich seitdem beide Seiten auf den Volkswillen.

Im wichtigsten Verfahren, der Räumungsklage gegen den Rennclub, geht es erst Anfang Juni vor dem OLG weiter. Das Gericht hatte zuletzt angedeutet, dass es die Rechtsposition des Rennclubs für wenig aussichtsreich hält. Gleichzeitig sorgte die zuständige Richterin mit der Bemerkung für Aufregung, sie werde auch das Recht auf Berufung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) prüfen. Seitdem liegen bei der Stadt die Nerven blank.

DFB-Präsident Reinhard Grindel hält bislang an dem Projekt fest. Ob der DFB eine Berufung vor dem BGH und damit eine weitere Verzögerung hinnimmt, ist fraglich. Frankfurts Planungsdezernent Mike Josef, SPD, platzte in der letzten Woche der Kragen. Er machte die Justiz für den „Stillstand“ bei dem Projekt verantwortlich, obwohl doch offenbar die VertreterInnen der Stadt die rechtlichen Probleme unterschätzt hatten.

Galoppsport ohne Zukunft

„Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Entscheidung vor Gericht so lange dauert“, sagte Josef und zog sich prompt die Kritik von OLG-Präsident Roman Posek zu. „Unverständlich und unpassend“ nannte Hessens oberster Richter die Kritik des Planungsdezernenten. Die Justizschelte will sich denn auch Josefs für den Rechtsstreit zuständiger Magistratskollege, Jan Schneider, CDU, nicht zu eigen machen.

Schneiders Büroleiterin, Barbara Brehler-Wald, sagte der taz, sie hoffe auf eine für die Stadt positive OLG-Entscheidung noch im Juni. „Der Galoppsport hat in Frankfurt keine Zukunft mehr. Und dem Verein droht bei einer Niederlage vor Gericht die Insolvenz“, betonte die Büroleiterin des Frankfurter Rechtsdezernenten.

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