Zulassung zur Bundestagswahl 2017: Gartenfreunde stehen auf der Liste

Der Bundeswahlausschuss hat entschieden, welche Parteien im September zur Wahl antreten dürfen. Eine Komödie in 66 Akten.

Vier Menschen auf einem Fluss. Sie halten Schilder in die Höhe, auf denen "soziale Gerechtigkeit" und "Demokratie" steht

Es lebe die Demokratie! Und ihre Parteien! Foto: dpa

BERLIN taz | Die Mitglieder der „WasserPartei Deutschland – WPD“ werden keine Plakate drucken. Einstimmig lehnte der zehnköpfige Bundeswahlausschuss die Zulassung der WasserPartei zur Bundestagswahl am 24. September ab. Die Partei, die sich auch als „Die PlanetBlauen“ bezeichnet, habe einen zu geringen Umfang; außerdem fehle es ihr angesichts von lediglich 40 Mitgliedern im einzigen Landesverband Bayern an Festigkeit, begründete Wahlleiter Dieter Sarreither.

66 kleine Parteien wurden am Donnerstag und Freitag geprüft, 40 zugelassen. Darunter die „Violetten“, die sich für eine spirituelle Politik einsetzen, die „FRAUEN“, eine feministische Partei, oder die „Grauen“, die inzwischen eine „Politik für alle Generationen“ betreiben wollen.

Auf dem Stimmzettel fehlen wird die KPD, die Kommunistische Partei Deutschlands, der ein Formfehler unterlaufen war. Den Antrag, bei der Bundestagswahl antreten zu dürfen, hatte einzig der Vorsitzende unterschrieben; nötig sind allerdings die Signaturen von drei Vorstandsmitgliedern. Die Kollegen der DKP, der Deutschen Kommunistischen Partei, wussten das; sie stehen am 24. September zur Wahl.

Manche Anträge erreichten den Ausschuss schlicht zu spät. Hans-Joachim Lange, Vorsitzender der Partei „Der Blitz“ – Programm und Satzung unklar – erklärte mit ernster Miene, warum er den Einsendeschluss (20. Juni) nicht einhalten konnte: „Ich war unter Zeitdruck, der Drucker war auch kaputt.“ Das half ihm allerdings nichts. Die Meinung, Formfehler könnten geheilt werden, wie sie eine Vertreterin der SU, der „Sustainable Union“, exklusiv hatte, vertrat der Ausschuss nicht.

Drei Stadträte reichen

Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um mit Merkel, Schulz und Co um Stimmen konkurrieren zu dürfen, regelt das Bundeswahlgesetz. Als wesentliche Kriterien gelten Satzung und Programm oder die Einflussnahme auf politische Willensbildung. Parteien, die etwa über Mandate im Bundestag oder in mindestens einem Landtag verfügen, gelten deshalb quasi als gesetzt. Auch Mitgliederzahlen und die mediale Präsenz spielen eine Rolle.

Kein Ausschlusskriterium ist hingegen regionale Begrenztheit. WählerInnen in München, Hamburg oder Köln könnten sich etwa auch für „Die Magdeburger Gartenpartei“ (MG) entscheiden. Das hat der Ausschuss einstimmig beschlossen. Ein Rechenschaftsbericht 2014, 358 Mitglieder zum Ende 2016, drei Stadträte („mit denen es auch vorwärts geht“, so der Vorsitzende gegenüber dem Ausschuss) und Teilnahmen an Kommunal- und Landtagswahlen reichten aus, damit die „Dunkelgrünen“, wie sich die MG auch nennt, einstimmig zur Wahl zugelassen wurden.

Doch es gibt Grenzfälle. „Die GERADE Partei“ (DGB), die für Mittelstand und Bürgernähe eintritt, lehnten fünf Ausschussmitglieder ab, zwei enthielten sich, drei stimmten für sie. Das reichte für die Zulassung. Eine Ablehnung muss mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden.

Veranstaltungen fingiert?

Zweifel kamen auf, ob die GERADEN tatsächlich so viele öffentliche Veranstaltungen abgehalten hatten, wie in ihren Unterlagen angegeben. Ausschussmitglied Michael Brenner (CDU) merkte an, dass die Bestätigungen der Lokalbesitzer stets den gleichen Wortlaut hätten. Er fragte also den GERADEN-Vertreter, ob ein paar Veranstaltungen einfach fingiert worden seien. Der beteuerte: „Nein, so was könnten wir gar nicht machen.“ Zumindest drei Ausschuss-Mitglieder glaubten ihm.

Überzeugender trat Josef Fassl auf, Bundesvorsitzender der „Tierschutzallianz“. 2013 ging die Partei aus der Tierschutzpartei hervor, weil diese nach rechts abgedriftet war. Das magere 1-Prozent-Ergebnis bei der letzten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt kommentierte Fassl trocken: „Wir glänzen eben nicht durch Parolen und Populismus wie andere Parteien, die Scheinriesen sind und bald wieder zusammenbrechen werden.“

Zwei-Prozent-Ziel für Sachsen-Anhalt

In Bayern, Rheinland-Pfalz und Berlin hat die Partei inzwischen Landesverbände aufgebaut, das Programm hat man ausgeweitet. Wohnraumschutz für Obdachlose, fordert Fassl, mehr direkte Demokratie, Gleichstellung zwischen Frauen und Männern und ein „Ende der Normalisierung“ von Prostitution. „Wer verkauft denn freiwillig seinen Körper?“, empört sich Fassl gegenüber der taz. Die „Ehe für alle“ begrüßt er ausdrücklich. Das Ziel für die Bundestagswahl? „In Sachsen-Anhalt wollen wir zwei Prozent holen.“

Zunächst muss aber noch eine letzte formelle Hürde genommen werden: Bis zum 17. Juli benötigt die Tierschutzallianz noch 200 sogenannte Unterstützerunterschriften, um die in Sachsen-Anhalt erforderlichen 1.931 Signaturen zu erreichen. Erst dann wird Josef Fassl Plakate in Druck geben.

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