Die Wahlen fallen aus, die Massenproteste ebenfalls

KongoUneinigkeit der Opposition und massives Polizeiaufgebot halten Demonstrationen gegen Wahlverschiebung klein

Militärpolizei in Kinshasa, 29. Juni. Aktuelle Fotos gab es gestern nicht, weil dieser Fotograf festgenommen wurde Foto: Kenny Katombe/reuters

BERLIN taz | Mit Festnahmen hat die Polizei in der Demokratischen Republik Kongo am Montag Proteste gegen eine weitere Wahlverschiebung im Keim erstickt. In zahlreichen Städten versammelten sich lediglich kleine Gruppen von Jugendaktivisten, die dem Aufruf der zivilgesellschaftlichen Gruppe „La Lucha“ gefolgt waren. Landesweit meldeten kongolesische Medien bis zum frühen Nachmittag über 50 Festnahmen, die Hälfte davon in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma, wo La Lucha einst als Studentengruppe entstanden war.

In der anderen ostkongolesischen Provinzhauptstadt Bukavu wurde ein Demonstrant durch einen Bauchschuss lebensgefährlich verletzt. In den Städten Butembo und Beni wurden demonstrierende Jugendliche gleich abgeführt. In der Hauptstadt Kinshasa und in der südkongolesischen Provinzhauptstadt Lubumbashi verhinderte ein massives Aufgebot von Polizei und Militär, dass es überhaupt zu größeren Zusammenrottungen kam. In der zentralkongolesischen Bürgerkriegsregion Kasai fielen die Proteste aus.

La Lucha hatte am 17. Juli für den 31. Juli zu gewaltfreien Demonstrationen vor allen Büros der Wahlkommission CENI aufgerufen, nachdem diese verkündet hatte, sie werde anders als geplant doch nicht bis 31. Juli ein aktualisiertes Wahlregister vorlegen können. Damit seien Wahlen noch im Jahr 2017 „unmöglich“, hatte Wahlkommissionschef Corneille Nangaa gesagt. Wahlen spätestens Ende 2017 war Kernpunkt der von der katholischen Kirche ausgehandelten Vereinbarung zwischen Regierung und Opposition von Silvester 2016 gewesen, wonach Präsident Joseph Kabila trotz Ablaufs seiner letzten legitimen Amtszeit am 19. Dezember 2016 weiterregieren darf. Ohne Wahlen 2017 werten Teile der Opposition diese Vereinbarung als gegenstandslos und Kabila als illegitim.

Aber ohne ein neues Wahlregister drohen bei Neuwahlen massive Fälschungen wie bei den letzten Wahlen 2011. Das neue Wahlregister verhindert nun rasche Neuwahlen. Erst vor einer Woche begann die Wählerregistrierung in der bürgerkriegsgeschüttelten Kasai-Region. Bis dahin waren laut Wahlkommission rund 35 Milllionen der mutmaßlich 41 Millionen wahlberechtigten Kongolesen registriert.

Man wolle daran erinnern, „dass das Volk Kabila und seinem Regime keinen einzigen Tag über Dezember 2017 hinaus zugestehen werden, unter welchem Vorwand auch immer“, begründete La Lucha seinen Demonstrationsaufruf. Der wurde allerdings dadurch geschwächt, dass die politische Opposition einen eigenen Demonstrationsaufruf für eine Woche später veröffentlichte und sich erst am vergangenen Freitag dem Aufruf für den 31. Juli anschloss. Das war zu spät für eine ordentliche Mobilisierung von Oppositionsanhängern samt Sicherheitsgarantien. Fast alle Parteipolitiker blieben den Protesten fern.

Zu Massenprotesten kam es daher nirgends. Dafür aber zu einem massiven Vorgehen der Polizei gegen lokale Journalisten. In Kinshasa wurden sieben Journalisten kurzzeitig festgenommen, in Goma drei.

Wahlen noch im Jahr 2017 sind „unmöglich“, sagt der Wahlkommissionschef

Nun ist abzuwarten, ob die anderen Protestaufrufe besser befolgt werden. Das größte Oppositionsbündnis „Sammlung“ plant für den 8. und 9. August einen landesweiten Generalstreik, für den 20. August Proteste in allen Großstädten und ab dem 1. Oktober Kampagnen des zivilen Ungehorsams „bis zum Abtritt Joseph Kabilas“. Ähnliche Aufrufe vor einem Jahr hatten im September 2016 zu schweren Unruhen mit Dutzenden Toten geführt. Dominic Johnson

Meinung + Diskussion