Politiker Jan Korte über Linkspartei: „Die Spaltung wäre eine Katastrophe“

Die Linkspartei nerve zwar manchmal, sagt Jan Korte. Aber sie sei das einzig erfolgreiche Projekt links von der SPD in den letzten 60 Jahren.

Ein Mann guckt in die Kamera, es ist Jan Korte von der Linkspartei

Sammlungsbewegung? „Ich weiß nicht, wer genau sich da sammeln soll“, sagt Korte Foto: Imago/photothek

taz: Herr Korte, spaltet sich die Linkspartei?

Jan Korte: Nein. Das wäre auch eine Katastrophe. Wir müssen angesichts der massiven Rechtsverschiebung über vieles neu nachdenken – aber nicht über eine neue Partei.

Also ist die Sammlungsbewegung von Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht nur eine Seifenblase?

Ich weiß nicht, wer genau sich da sammeln soll. Aber die Debatte darum, wie sich die gesellschaftliche Linke verhalten soll, halte ich für legitim. Die Linkspartei ist ein erfolgreiches Projekt, links von der SPD und fest in der Gesellschaft verankert. Sie ist unsere Partei, die uns aufgestellt und in Verantwortung gebracht hat. Diese Partei sollte der Nukleus für etwas Größeres werden. Diese Partei nervt manchmal, stimmt schon. Aber sie ist der richtige Raum.

Wagenknecht hat sich mit ihrem „Team Sahra“ und in der Flüchtlingspolitik deutlich von der Partei entfernt. Ist die Sammlungsbewegung ein Test, ob sich nicht doch eine neue Partei lohnt?

Linke Parteien gibt es genug. Erfolgreich war in den letzten 60 Jahren nur eine: Die LINKE.

Die Blaupause für Wagenknechts Überlegung ist Mélenchons Sammlungsbewegung in Frankreich, die immerhin 20 Prozent bekam. Warum geht hierzulande nicht, was in Frankreich funktionierte?

40, ist parlamentarischer Ge­schäftsführer der Linksfraktion. In seinem Wahlkreis An­halt-Bitterfeld ist die AfD zweitstärkste Kraft hinter der CDU.

Das französische System ist traditionell anders, mehr auf Personen bezogen, weniger auf Parteien. Wir müssen hier vielleicht Initiativen um die Partei herum bilden – so ähnlich wie es die Komitees für Gerechtigkeit mal waren. Aber nicht als Konkurrenzunternehmen zur Partei. Und wir sollten nach Großbritannien schauen.

Warum?

Weil Corbyn es geschafft hat, sowohl für die Abgehängten in den deindustrialisierten Zonen ein Angebot zu machen als auch für urbane, junge Akademiker. Also Sheffield und London. Das muss unser Weg sein. Wir müssen uns jenen zuwenden, die das Gefühl haben, abgehängt und nicht respektiert zu werden. Und diese Politik verbinden mit Angeboten an die vielen jungen, urbanen Linken, die uns gewählt haben und nicht mehr die Grünen – was übrigens ein großer Erfolg ist.

Viel deutet darauf hin, dass es eine neue Große Koalition geben wird. Was bedeutet das für die Linkspartei?

Ich hoffe nicht, dass die SPD in die Große Koalition eintritt – in ihrem eigenen Interesse. Falls es doch so kommt, müssen wir mehr Verantwortung übernehmen und uns für enttäuschte Sozialdemokraten öffnen.

Wie?

Zum Beispiel: Wir sind für die Auflösung der Nato. Das ist inhaltlich gerechtfertigt. Aber wenn ich mit Leuten aus meinem Wahlkreis rede: Da gibt es keinen, der morgens auf dem Weg zur Schicht denkt – wie kommen wir nur aus der Nato raus? Also weniger Slogans, mehr über die konkreten Sorgen der Bürger reden.

Und so wollen Sie frustrierte SPD-Wähler erreichen?

Die SPD hat sich nicht vom Neoliberalismus der Agenda-Politik befreit. Wir müssen klar machen, dass wir für Sozialstaat und Gemeinsinn stehen. Wer in Not ist, dem wird geholfen. Weil er oder sie ein Recht darauf hat. Und wir müssen mehr Offenheit ausstrahlen.

Also Schluss mit den SPD-Beschimpfungsorgien?

Wenn die SPD mit Merkel regiert, werden wir sie angreifen – was denn sonst. Aber wir können den Zusammenbruch der SPD nicht wollen. Und auch nicht, dass die SPD wie die Parti socialiste bei 6 Prozent landet.

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