Alexandra Mostyn über die Präsidentenwahl in Tschechien
: Der Volkstribun als Spalter

Als Tschechien im Jahr 2012 die Direktwahl des Präsidenten einführte, sah man diesen Schritt landesweit als eine Bereicherung für die Demokratie. Zwei Präsidentschaftswahlen später möchte man nur laut rufen: Schafft diesen Unsinn wieder ab!

Was schon nach den letzten Wahlen 2013 zu ahnen war, hat sich gerade wieder bestätigt: Die Direktwahl spaltet das Land und sagt nichts aus über den Zustand der Demokratie. Was wir in Tschechien in den vergangenen Tagen und Wochen beobachten durften, war eine Mischung aus Unterhaltungsshows à la „Einer wird gewinnen“ und „Tschechien sucht den Superstar“.

Tschechien ist eine parlamentarische Republik, in der ein Präsident relativ wenig Vollmachten hat. Die Idee dahinter: Der Präsident soll den Staat nicht lenken, sondern ihn nach außen repräsentieren. Die Direktwahl aber macht den Präsidenten zum Volkstribun, in dem der Wähler seine eigenen Wünsche und Hoffnungen reflektiert. Das nimmt dem Amt die Würde, wie auch das Buhlen der Kandidaten um die Gunst des Volkes im Wahlkampf.

Die Erfahrungen in Tschechien mit dem als Provokateur bekannten 73-jährigen Amtsinhaber Miloš Zeman haben zudem gezeigt, dass der Präsident seine Wahl per Volksabstimmung als Argument nutzt, viel politischer zu sein, als es die Verfassung vorsieht. Immerhin, so das Argument, genieße man ja die Legitimität des Volkes.

In der Praxis hat sich allerdings erwiesen, dass die Direktwahl das Volk eher spaltet. Das mag aber vor allem an der Person Miloš Zeman liegen. Der Ökonom, der für einen strikten Antimigrationskurs steht, ließ noch am Wahlabend verlauten, jetzt sei es Zeit, dass seine Gegner um den Herausforderer Jiří Drahoš, für die er eigens den Kampfbegriff „Prager Kaffeehaus“ geprägt hat, endlich die Klappe hielten.

Damit hat der Wiedergewählte bereits die Weichen für seine zweite Amtszeit gestellt. Dem alten Mann, das hat die erste Amtszeit bewiesen, bereitet es offensichtlich Freude, die Spaltung der Gesellschaft noch weiter zu vertiefen. Die direkte Form seiner Wahl verschafft ihm dafür nur noch mehr Munition.

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