Kommentar Eingreifen in Syrien: Jemand muss ihn stoppen

Assad wird nicht aufhören, Giftgas gegen die Bevölkerung einzusetzen. Deshalb sind gezielte US-Luftschläge die einzig richtige Antwort.

Ein Junge hält ein Assad-Portrait hoch, im Hintergrund Soldaten

Ein Junge im kürzlich von der Assad-Regierung zurückeroberten Ost-Ghouta am 1. April Foto: dpa

Es sieht so aus, als habe Syriens Machthaber Assad mit dem letzten Giftgas-Angriff in Douma den Bogen überspannt. Vielleicht hat er schlicht nicht damit gerechnet, dass der Westen reagieren würde. Vielleicht hat er darauf gesetzt, dass der amerikanische Präsident Trump international zu desavouiert ist, um zu handeln. Vielleicht hat er darauf gesetzt, dass auch dieser Giftgas-Angriff, bei dem am Samstag Dutzende starben und Hunderte vergiftet wurden, in den internationalen Schlagzeilen untergeht.

Doch Trumps Drohung mit einem Militärschlag und die russische Gegendrohung haben Syrien wieder in den Mittelpunkt der Weltöffentlichkeit gerückt. Allzu lange wurde ignoriert oder beiläufig zur Kenntnis genommen, dass Assad alle paar Wochen Giftgas einsetzte, dass in seinen Gefängnissen Zehntausende zu Tode gequält werden.

Nun sehen viele das Gespenst der Apokalypse heraufziehen, glauben, ein Angriff von Trump könnte das Pulverfass Nahost komplett explodieren lassen. Schließlich wird das Assad-Regime von Iran und Russland geschützt.

Manche argumentieren sogar, der Diktator Assad sei der einzige Garant einer staatlichen Rest-Ordnung, ein Luftangriff würde nur weitere zivile Opfer fordern. Doch dass das nicht so sein muss, beweisen jene Bombardements, die Israel stets dementiert. Dabei wurde jedes Mal gezielt militärische Infrastruktur zerstört.

Ob Russland und der Iran wirklich bereit sind, eine militärische Konfrontation mit den USA wegen des Schlächters Assad einzugehen, kann man bezweifeln

Würde ein amerikanischer Angriff unweigerlich eine russische Gegenreaktion hervorrufen? Abgesehen von einer verbalen ist das keineswegs ausgemacht. Ob Russland und der Iran wirklich bereit sind, eine militärische Konfrontation mit den USA wegen des Schlächters Assad einzugehen, kann man bezweifeln.

Assad ist auch für Russland eine Bürde; um seine Macht zu stützen, muss Putin immer mehr Soldaten und Material einsetzen. Iran dagegen profitiert von Assads Herrschaft; Er baut seine Vormachtstellung im Nahen Osten weiter aus und kann die Hizbollah unterstützen.

An dieser Konstellation würde ein einmaliger Luftschlag der USA nichts ändern, wohl aber mehrere, die die militärische Infrastruktur Assads zumindest massiv schwächen würden. Und das wäre nötig. Denn Assad und seine Clique werden nicht aufhören, jegliche Opposition zu vernichten.

Douma ist nicht die letzte Rebellenzuflucht – die syrische Armee bereitet schon den nächsten Schlag gegen die rebellischen Vororte von Homs und den Südwesten des Landes vor. Dort bieten sich genügend Einsatzmöglichkeiten für Giftgasangriffe. Und Assad wird diese Möglichkeiten nutzen. Schon 2011 formulierten seine Anhänger: Assad herrscht – oder das Land brennt.

Dass Trump mit der Drohung eines Vergeltungsschlags gegen Syrien Va-Banque spielt, um von seinem sonstigen Versagen abzulenken – ja, das ist bitter. Aber es ist auch kein Argument dafür, einen Diktatoren gewähren zu lassen, der Massaker verübt.

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Seit 2002 freier Journalist. Er arbeitet für unterschiedliche Zeitungen und Nachrichtenmagazine wie die taz, Der Spiegel und die Neue Zürcher Zeitung ebenso wie für den SWR. Seit Oktober 2011 war er mehrmals in Syrien und hat für deutsche und internationale Medien darüber berichtet.

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