CO2-Emissionen höher als bei Ölmultis: Fleisch und Milch ruinieren das Klima

Eine Studie legt nahe, dass die globale Viehwirtschaft ihre Treibhausgasemissionen verschleiert. Die nämlich sind viel höher als gedacht.

Ein Stück Fleisch verbrennt auf einem Grill

Eine Sünde? Ja, vor allem fürs Klima Foto: Unsplash/Philipp Kämmerer

BERLIN taz | Diese Nachricht ist ein gefundenes Fressen für alle Veganer: Die globale Agroindustrie trägt nach einer neuen Untersuchung deutlich mehr zum Klimawandel bei als bislang vermutet. Die fünf größten Fleisch- und Milchkonzerne kommen mit ihren kombinierten CO2-Emissionen sogar auf einen höheren Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen als Ölmultis wie Shell oder ExxonMobil. Und nur die wenigsten Firmen aus dem weltweiten Geschäft mit Milchprodukten, Hühnern, Rind- und Schweinefleisch stellen ihre Ökobilanzen korrekt dar. Das sind die Ergebnisse einer neuen Studie der Umweltorganisation Grain und des agrarkritischen Thinktanks „Institute für Agriculture and Trade Policy“.

Bisher richtet sich die Aufmerksamkeit beim Klimaschutz vor allem auf Kraftwerke und Verkehr. Dabei ist die Viehwirtschaft nach Angaben der Vereinten Nationen für knapp 15 Prozent des Problems verantwortlich. Und wenn die anderen Sektoren Emissionen einsparen, die Landwirtschaft aber so weitermacht, wird sie zum größten Klimakiller, warnt das Gutachten mit dem Titel „Emissions impossible“. Darin heißt es: „Die Viehwirtschaft würde dann 80 Prozent des globalen Budgets an Treibhausgasen auffressen.“

Die Gutachter haben die direkten Emissionen (etwa aus Molkereien und Schlachthöfen) der 35 weltgrößten Agrarunternehmen gesammelt erfasst. Dazu recherchierten und schätzten die Experten, welche Emissionen in der Wertschöpfungskette vorher anfallen: durch Aufzucht der Tiere, Abholzung von Wald, Methan, Gülleproduktion. Diese machen bis zu 90 Prozent der Bilanz aus, werden aber häufig verschwiegen. „Nur 14 der 35 größten Unternehmen haben irgendein Reduktionsziel vorgelegt“, heißt es in der Studie. „Nur 6 haben Ziele, die Lieferketten einrechnen.“

Alle Unternehmen wiederum setzten auf mehr Absatz von Milch und Fleisch – der Branchenriese JBS aus Brasilien rechnet mit einem jährlichen Fleischkonsum von 48 Kilo pro Kopf für 2030. Dagegen müsste der Verzehr von derzeit 37 auf 16 Kilo sinken, wenn die Klimaziele erreichbar bleiben sollen, kalkuliert Greenpeace. Selbst die beiden Vorreiter Nestlé und Danone, die absolute Ziele zur CO2-Reduktion verkündet haben, wollen ihren Absatz steigern.

Auch Jefta und Nafta kurbeln die Produktion an

Deutsche Unternehmen tauchen in dem Gutachten auf Platz 21 (das Deutsche Milchkontor) und Platz 24 (der Fleischkonzern Tönnies) auf. Tönnies, das auch auf Anfrage der taz keine Angaben macht, wird auf knapp 11 Millionen Tonnen CO2 geschätzt – so viel wie ganz Thüringen, Heimat der Rostbratwürste.

Die Studie kritisiert auch Handelsabkommen wie Jefta und Nafta, die den globalen Konsum von Fleisch und Milch ankurbeln. Nur wenige Regionen der Welt (USA, EU, China, Brasilien, Argentinien, Australien) exportieren demnach mit Steuersubventionen ihre „überschüssigen Proteine“ zum Schaden des Klimas in die Welt. Für Klimaschutz „müssen signifikante Einschnitte bei der Fleisch- und Milchwirtschaft dieser Länder Priorität haben“, fordert die Studie. Die Autoren schlagen vor, es solle auch zukünftig Milch und Fleisch geben, aber produziert von kleineren Unternehmen, die regional arbeiteten, faire Arbeitsbedingungen garantierten und sich an Öko-Agrarstandards halten.

Auf UN-Ebene wird das Thema schon lange diskutiert. Die Ernährungsorganisation FAO schätzte bereits 2008, dass die industrielle Viehwirtschaft zu den zwei bis drei wichtigsten Ursachen der größten Umweltprobleme gehört: Klimawandel, Artensterben, Landverschlechterung, Wasserknappheit.

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