Kommentar Stasi-Gefängnis in Berlin: Mehr Geld zum Verschleudern

Die Gedenkstätte Hohenschönhausen soll fünf Millionen Euro zur Bekämpfung des „Linksextremismus“ bekommen. Geht's noch?

Blick in den Himmel über eine Mauer und Stacheldraht

Im alten Stasiknast läuft gehörig etwas schief Foto: imago/Jürgen Ritter

Es ist ein Coup, der den Ideologen von CDU und dem Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen da gelungen ist. Fünf Millionen Euro Fördergelder für Projekte gegen Linksextremismus erhält die Gedenkstätte allein in diesem Jahr, reingemogelt in den Bundeshaushalt ohne öffentliche Debatte.

Das ist ein Vielfaches der Summe, die bislang insgesamt an Anti-links-Initiativen vergeben wurde und fernab jener 130.000 Euro Höchstfördersumme, für die sich Projekte beim Bundesprogramm „Demokratie leben“ bewerben können. Wer das tut, streitet normalerweise für eine demokratische Gesellschaft, engagiert sich gegen Rassismus, Antisemitismus oder Muslimfeindlichkeit, und nicht gegen Antikapitalisten, wie es die Gedenkstätte tut.

Es ist ein Witz, dass eine Institution die Demokratie erhalten soll, die zuletzt selbst unter massiven Extremismusverdacht geraten ist: mit einem Gedenkstättenführer, der die AfD hofiert, einem Fördervereinsvorsitzenden, der für die Junge Freiheit schreibt, den Berliner AfD-Chef einbindet und nun auch noch den letzten Kritiker des Rechtskurses aus dem Verein werfen will. Dazu kommt Direktor Hubertus Knabe, dieser Anhänger der geschichtsrevisionistischen Gleichsetzung von DDR und Drittem Reich. Mit seinem Stil der Empörungsaufarbeitung trägt Knabe die Verantwortung dafür, dass die Gedenkstätte bereits ihrem eigentlichen Auftrag, der Aufklärung über DDR-Unrecht, nicht gerecht wird.

Bisher schon bekam die Gedenkstätte überschaubare Summen für Programme gegen links, die sie verschleuderte. Anfang Juni etwa saßen sechs Männer auf einem Podium, um die Frage „Linksextremismus – eine unterschätzte Gefahr?“ mit einem vielstimmigen Ja zu beantworten. Mangels Experten für linke Militanz lud man Vertreter rechter Positionen ein – wie den Dresdner Politologen und Pegida-Versteher Werner Patzelt. Was es eigentlich bräuchte, wäre ein Projektantrag für die Bekämpfung rechter Strukturen innerhalb der Gedenkstätte.

Bereits 2010 bis 2014 wurde einiges Geld für Linksextremismus-Projekte ausgegeben; eine Evaluation des Deutschen Jugendinstituts fällte damals ein katastrophales Urteil. Nicht nur die nie kontaktierte Aussteiger-Hotline für Linke bekam ihr Fett weg, sondern auch Schülerseminare der Gedenkstätte. Bemängelt wurden etwa eine „weitreichend einseitige Materialauswahl“, „wenig Raum für Kontroversität“ und ein „unausgesprochener Totalitarismusverdacht“.

Es ist nicht zu erwarten, dass das mit mehr Geld künftig besser wird. Im Gegenteil.

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Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

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