Landtagswahlkampf in Hessen: Ungewohnt einträchtig gegen AfD

In Wiesbaden demonstrierten Grüne, Linke und SPD zusammen gegen Rechtspopulismus. Anlass ist der Wahlkampfauftakt der AfD.

Demonstranten, einer hält ein Schild, auf dem steht „is doch ekelAFD“

19. August: Mit klaren Statements ziehen Demonstranten gegen die AfD durch Wiesbaden Foto: dpa

WIESBADEN taz | Trotz tropischer Temperaturen zogen am Sonntag 1.500 De­monstrant*innen durch die Wiesbadener Innenstadt, um gegen die AfD zu protestieren. Mit einem breiten Bündnis wollen kirchliche, gewerkschaftliche und Umweltverbände sowie SPD, Grüne und Linke den Einzug der Rechtspopulisten in den hessischen Landtag verhindern.

Am 28. Oktober wird in Hessen gewählt. Laut aktuellen Umfragen würde die AfD ein zweistelliges Ergebnis erreichen und damit erstmals ins Landesparlament einziehen.

An der Spitze des Demonstrationszuges hatten sich SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel und Linken-Fraktionschefin Janine Wissler eingereiht. „Unsere Alternative ist Solidarität“ stand auf ihrem Transparent. Im Demozug war auch der stellvertretende hessische Ministerpräsident, Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir. Zum Auftakt hatte er auf dem Bahnhofsvorplatz vor den „Nationalisten“ der AfD gewarnt. „Die wollen die Uhr zurückdrehen“, rief der Grüne und fügte hinzu: „Ich überlasse es nicht den Rechten, zu definieren, was Heimat ist und wer dazugehört und wer nicht.“

Die Linke-Fraktionschefin sagte: „Wir verteidigen die Rechte, die Menschen für uns erkämpft haben.“ Sie nannte die Demonstration ein starkes Signal dafür, dass die AfD in Hessen nicht willkommen sei. Für die Katholische Arbeiterbewegung sagte Thomas Diekmann: „Rassismus und Ausgrenzung dürfen nie wieder salonfähig werden.“ Der Leiter der Anne-Frank-Bildungsstätte, Meron Mendel, überbrachte einen Gruß der 97 Jahre alten Holocaust-Überlebenden und Frankfurter Ehrenbürgerin Trude Simonsohn. Sie habe ihm ihren Wahlspruch mit auf den Weg nach Wiesbaden gegeben: „Zu jedem Unrecht Nein sagen.“

Am Rande der Kundgebung versuchten AfD-Vertreter zweimal, die Demonstrant*innen zu provozieren. Die AfD-Landesspitze, die nach eigener Darstellung gekommen war, um mit ihren Gegner*innen zu diskutieren, wurde unter Trillerpfiffen und Sprechchören von Ordnern des Platzes verwiesen. Ein AfD-Sympathisant, der einen Judenstern auf sein Schild gemalt hatte und so die Kampagne gegen die AfD mit der Judenverfolgung gleichzusetzen versuchte, musste sein Plakat schließlich herunternehmen.

„Kennenlernen“ beim Wein

Während SPD, Linke und Grüne in ungewohntem Schulterschluss gemeinsam demonstrierten, kritisierte FDP-Landeschef Stefan Ruppert das Bündnis: „Diese Demonstration spielt der AfD in die Karten“, sagte er. Auch die CDU beteiligte sich nicht; die Union setze sich mit der AfD politisch auseinander, sagte ihr Sprecher.

Die hessische AfD rechnet fest mit ihrem Einzug in den hessischen Landtag. Am letzten Mittwoch hatte ihre Landesspitze die Journalist*innen der hessischen Landespressekonferenz „im Namen der zukünftigen AfD-Landtagsfraktion“ zum „Kennenlernen“ im Rahmen der Rheingauer Weinwoche zum Umtrunk eingeladen.

Auf die bevorstehende Demonstration angesprochen, bezeichnete es dort Landessprecher Klaus Herrmann als „traurig“, dass kirchliche, gewerkschaftliche und umweltpolitische Organisationen gegen die AfD mit SPD, Grünen und Linken gemeinsame Sache machten. Das entspreche nicht seiner Vorstellung von einem fairen Wettbewerb unter politischen Parteien, sagte Herrmann der taz.

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