Vegane Kita in Frankfurt sorgt für Ärger: Tofu ist doofu

Vegane Ernährung für Kleinkinder in der Kita – ist das die Entscheidung der Eltern? Oder greift hier die staatliche Fürsorgepflicht?

ein Kind hält ein Glas voll Milch an seinen Mund und trinkt

Kuhmilch tabu: In der veganen Kita in Frankfurt gibt es nur rein pflanzliche Nahrungsmittel Foto: imago/Science Photo Library

In Frankfurt am Main eröffnet Deutschlands erste vegane Kita und die Geister streiten sich. Vegane Ernährung ist ein Thema das gerne und viel diskutiert wird. Nun wird es zum Leitfaden einer privaten Kindertageseinrichtung – die von der Stadt mitfinanziert wird. Während der Betreiber und die beteiligten Eltern begeistert sind, kritisieren Ärzte das Konzept und haben große Bedenken: Im jungen Kindesalter könne vegane Ernährung negative Folgen haben und sogar gefährlich werden. Die Betreiber widersprechen. Das Ernährungskonzept ist von der Stadt Frankfurt abgesegnet – dabei wäre es an sich keine Pflicht gewesen, sich vom Stadtschulamt prüfen zu lassen. Die Kita hat sich freiwillig dafür entschieden. Die Stadt wiederum schient auch großes Interesse an der Kooperation zu haben, immerhin finanziert sie Betriebskosten und Räumlichkeiten.

„Bei Gruppen mit besonderen Anforderungen an Nährstoffversorgung, zum Beispiel Schwangeren, Stillenden, Säuglingen und Kleinkindern ist besondere Sorgfalt geboten“, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in ihrer Position zur veganen Ernährung. Und weiter: Das Risiko für eine Nährstoffunterversorgung sei bei Kindern und Jugendlichen, die sich vegan ernähren, oder besser vegan ernährt werden, höher als bei veganen Erwachsenen.

Unabhängige Studien gibt es nicht, jedenfalls keine aktuellen. Die Meinung der DGE wird jedoch von vielen Ärzten geteilt: Eine ausreichende Versorgung, mit allen benötigten Nährstoffen ist nicht möglich, und wenn, dann nur durch ergänzende Präparate wie das Vitamin B12. Entstandene Mängel müssten ausgeglichen werden. Und hier ergibt sich ein Problem, denn Kitas ist es nicht erlaubt Nahrungsergänzungsmittel an die Kinder zu geben.

Zuhause liegt die Verantwortung für all das bei den Eltern. Aber welche Verantwortung trägt eine Kita – und der Staat, der sie finanziert? Kann die Kita in Kauf nehmen, dass es zu Mängeln in der Ernährung der Kinder kommen könnte?

Ärzte warnen vor veganer Ernährung für Kinder

Auch wenn nachhaltige Ernährung wichtig ist, muss hier gegen die Gesundheit von Kindern abgewogen werden. Dabei sollte auch jeder noch so geringe Zweifel ins Gewicht fallen. Solange die Möglichkeit einer Nährstoffunterversorgung theoretisch besteht, und die genauen Folgen für vegan ernährte Kinder nicht geklärt sind, sollte kein Risiko eingegangen werden. Die Stadt Frankfurt hingegen unterstützt das Konzept. Sie sendet damit das gegenteilige Signal – nicht nur an die Eltern dieser einen Kita, sondern auch darüber hinaus.

Viele Eltern der Kinder in der besagten Kita würden selbst gar nicht vegan leben

Interessant ist übrigens: Viele Eltern der Kinder in der besagten Kita würden selbst gar nicht vegan leben. Ihre Entscheidung für die Kita habe damit zu tun, dass dort frisch gekocht würde, sagte Geschäftsführer Lucien Coy. Dabei kann man auch mit tierischen Produkten frisch kochen. Das schließt übrigens die Aufklärung über nachhaltige Ernährung keineswegs aus. Auch wer nicht vegan lebt, kann sich gesund und umweltschonend ernähren. Wieso also nicht gemeinsam Kochen, aber mit Lebensmitteln, die für die Entwicklung eines Kindes wichtig sind?

Das Kitaalter ist einfach zu früh, um den Nachwuchs ins vegane Lebensprojekt mit einzubeziehen. Einen Nährstoffmangel und die Folgen fürs Kind bewusst zu riskieren ist verantwortungslos. Kleinkinder täglich mit ergänzenden Präparaten zu füttern, erscheint suspekt. Die eigenen Kinder schrittweise an eine pflanzliche Ernährung heranführen und im passenden Alter selbst entscheiden lassen, könnte eine Alternative sein. Das ist ungefährlich und vielleicht sogar effektiver.

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