Solarenergie in Berlin: „Der Status quo ist bedrückend“

Der Bau von Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden kommt in der Stadt eher schleppend voran, kritisiert der Abgeordnete der Linkspartei, Michael Efler.

Vorbildlich: Auf dem Roten Rathaus zieht eine Photovoltaikanlage Strom aus der Sonne Foto: dpa

taz: Herr Efler, Sie wollten vom Senat wissen, wie es mit der Installation von Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden vorangeht. Dazu haben Sie eine ganze Serie von parlamentarischen Anfragen gestellt, die Ergebnisse liegen jetzt vor. Wie viel Strom wird denn heute schon auf Dächern öffentlicher Gebäude geerntet?

Michael Efler: Ich habe alle Angaben addiert und komme auf einen Bestand von rund 18 MWp* an elektrischer Energie, geplant sind derzeit weitere 10 Mwp. Zurzeit lassen sich so pro Jahr grob gerechnet 10.000 Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Allerdings emittiert die ganze Stadt im Jahr 19,5 Millionen Tonnen CO2. Sie sehen, welches gewaltige Potenzial da noch drinsteckt. Die Solarthermie, also die Erzeugung von Wärme durch Sonnenstrahlung, spielt auf öffentlichen Gebäuden übrigens noch eine absolute Nebenrolle.

Sprich, der Beitrag zur Energieversorgung ist immer noch winzig?

Es kommen ja auch noch die privaten Anlagen hinzu, aber der Status quo ist tatsächlich ziemlich bedrückend. Der Anteil der Erneuerbaren bei der Stromerzeugung liegt bei insgesamt ca. 2,5 Prozent, bei der Wärmeerzeugung sieht es mit 4 Prozent ein bisschen besser aus. Auch im Vergleich mit anderen Städten liegen wir da ziemlich weit hinten. Positiv kann man sagen: Von 2016 auf 2017 hat sich die durch Erneuerbare erzeugte Energiemenge verdreifacht – nur eben auf einem sehr bescheidenen Niveau.

Wie sieht es bei den öffentlichen Gebäuden im Einzelnen aus?

Michael Efler,

Jahrgang 1970, sitzt für die Linke seit 2016 im Abgeordnetenhaus. Er ist Mitglied in den Ausschüssen für Umwelt und Verkehr sowie für Wirtschaft und Energie. von 2009 bis 2016 war der Diplom-Volkswirt Sprecher von Mehr Demokratie e. V.

Ziemlich unterschiedlich. Vorbildlich ist die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), die neben den Senatsverwaltungen etwa auch die Gebäude von Polizei und Feuerwehr verwaltet. Die BIM hat 67 neue Photovoltaikanlagen allein seit Anfang 2017 installiert. Der Bestand auf ihren Gebäuden ist mit 10 MWp auch sehr ordentlich, weitere 2 MWp sind in Planung. Dafür kriegt sie von mir ganz klar ein Sternchen. Dagegen wurde in allen Berliner Bezirken im selben Zeitraum nur eine einzige PV installiert, das finde ich sehr, sehr schwach.

Werden die Bezirke noch liefern?

„Wir sind immer noch am Anfang eines Aufholprozesses.“

Es gibt da zum Glück Pläne, die deutlich besser aussehen, aber auch nicht überall. Klare Ansagen haben Marzahn-Hellersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Spandau gemacht, sie verhandeln mit den Stadtwerken über neue Anlagen. Friedrichshain-Kreuzberg hat auf die Abfrage durch die Senatsumweltverwaltung noch nicht einmal geantwortet, andere wie Pankow haben lediglich allgemein geäußert, den Ausbau zu prüfen.

Wie viel vom solaren Potenzial der Stadt ist denn heute schon ausgeschöpft?

Für das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) haben wir uns auf die Größenordnung von rund einem Viertel der Energieversorgung festgelegt, die durch Erneuerbare Energien in Berlin bereitgestellt werden können. Das ist mit Sicherheit eine ambitionierte Zahl, aber momentan sind wir eben auch noch sehr weit davon entfernt.

Würden Sie sagen, der Ausbau kommt gut voran?

Wir sind immer noch am Anfang eines Aufholprozesses. Die Antworten auf meine Anfragen zeigen, dass da, wo man sich richtig engagiert, auch etwas geht, und ich gehe davon aus, dass hier noch ein ganz großes Potenzial liegt. Es sind längst noch nicht alle Dachflächen auf ihre Eignung geprüft. Wir haben mit dem Energiewendegesetz, dem BEK und den Stadtwerken als Player die Grundlagen dafür geschaffen, den Anteil an Erneuerbaren Energien signifikant zu erhöhen. Tatsächlich haben die Stadtwerke den Löwenanteil am Zubau von Solarenergieanlagen. Sie sind allein für 40 Prozent der neuen Photovoltaikanlagen verantwortlich. Nicht nur auf öffentlichen, sondern auf allen Gebäuden.

Wie sieht es bei den Wohnungsbaugesellschaften aus?

Auch da ist das Bild sehr heterogen. Gesobau und Howoge etwa sind gut dabei, während die WBM, bei der ich selber Mieter bin, noch nicht eine einzige Anlage installiert hat. Sie begründet das damit, dass sie erst den Ausbau von Dachgeschossen prüft, bevor sie Solaranlagen auf die Gebäude setzt. Klar, auch Wohnungsbau ist extrem wichtig, aber man kann beide Ziele miteinander verbinden, wenn man denn will.

*Megawatt Peak (MWp) bezeichnet die maximale Energieausbeute einer Solaranlage bei bestmöglicher Sonneneinstrahlung

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.