Ehemann der Journalistin Tolu darf ausreisen

Türkisches Gericht hebt Sperre auf und vertagt die Verhandlung auf kommenden Januar

Aus Istanbul Jürgen Gottschlich

Der Ehemann der deutschen Journalistin Meşale Tolu, Suat Çorlu, darf ausreisen. Ein Gericht in Istanbul hob am Dienstag im Rahmen einer Verhandlung gegen Çorlu, Tolu und 21 weitere Angeklagte, die Ausreisesperre für Suat Çorlu auf. In der Hoffnung, genau dies zu erreichen, war Meşale Tolu am Montagabend von Deutschland aus in die Türkei gereist und bei Gericht erschienen, obwohl sie damit eine erneute Festnahme riskierte.

Vor ihrer Abreise nach Istanbul hatte sie erklärt, sie reise vor allem deshalb zu dem Prozess, um ihren Mann zu unterstützen. Die beiden haben einen kleinen Sohn, der „nicht ohne seinen Vater“ aufwachsen soll, sagte Tolu.

Meşale Tolu war im Frühjahr 2017 festgenommen und in Untersuchungshaft gekommen, weil sie eine Terrororganisation unterstützt haben soll. Sie arbeitete als Journalistin und Übersetzerin für eine linke Nachrichtenagentur, die der linken, marxistischen MLKP nahesteht. Ihr Mann ist in der MLKP aktiv.

Tolu saß 7 Monate in U-Haft, teilweise gemeinsam mit ihrem damals nicht einmal zweijährigen Sohn, bevor sie Ende 2017 aus der U-Haft entlassen wurde. Danach galt für sie zunächst ebenfalls eine Ausreisesperre, die erst im August dieses Jahres aufgehoben worden war, sodass sie mit ihrem Sohn nach Deutschland ausreisen konnte.

Meşale Tolu war neben dem Korrespondenten der Welt, Deniz Yücel, die prominenteste deutsche politische Gefangene in der Türkei, für deren Freilassung sich viele Menschen in Deutschland engagiert hatten. Viele Unterstützer hatten sie gewarnt, zu der Verhandlung am Dienstag in die Türkei zu fliegen. Doch Tolu wollte persönlich einen Freispruch für sich und die Aufhebung der Ausreisesperre für ihren Mann fordern. Vor Gericht sagte sie, ihre Familie haben wegen der unberechtigten Anschuldigungen sehr gelitten. Am Ende des Verhandlungstages hob das Gericht die Ausreisesperre für ihren Mann Suat Çorlu auf. Die Verhandlung soll am 10. Januar fortgesetzt werden.

Der deutsche Generalkonsul Michael Reiffenstuel begrüßte die Gerichtsentscheidung und sagte, sie berücksichtige das Kindeswohl, weil die Familie wieder zusammenleben könne. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sitzen nun immer noch fünf Deutsche, von denen einige beide Staatsangehörigkeiten haben, als politische Gefangene in türkischer Untersuchungshaft. Einer davon wird ebenfalls beschuldigt, für die gleiche Nachrichtenagentur wie Meşale Tolu gearbeitet zu haben.

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