Bernhard Pötter über längere Beratungen der Kohlekommission
: Überzogene Forderungen

Wenn die Regierung dem Drängen der ostdeutschen Ministerpräsidenten jetzt nachgibt und den Zeitraum der Beratungen in der Kohlekommission bis Januar ausdehnt, begräbt sie damit die Hoffnung auf einen vernünftigen Kompromiss über den Ausstieg aus der Braunkohle. Deshalb sollten die Umweltverbände, die beteiligten WissenschaftlerInnen und alle, denen Klimaschutz wichtig ist, in diesem Fall die Kommission verlassen.

Es geht dabei um mehr als die nächste Peinlichkeit für Deutschland auf der anstehenden Klimakonferenz in Kattowitz, wo der Ausstiegskonsens vor der staunenden Welt verkündet werden sollte. Es geht um das ­Signal: erst Jobs, dann Wachstum, dann lange nichts, vielleicht irgendwann als grüne Garnitur ein bisschen Klimaschutz.

Die Forderungen der ostdeutschen Länderchefs sind überzogen. Sie wollen 60 Milliarden Euro als Strukturhilfen, haben aber keine gute Idee, wofür. Straßen bauen, auf denen niemand fährt? Sie tun so, als müsse die Bundesregierung für alle Strukturprobleme ihrer Regionen geradestehen. Das ist falsch. Die Kommission soll nur einen Ausgleich finden, wenn Kohlekraftwerke früher als geplant vom Netz gehen. Aber in Sachsen-Anhalt zum Beispiel laufen die Tagebaue ohnehin 2035 aus, bis dahin wird es keinen Ausstieg geben. Wie kommt das Land also dazu, nach Finanzhilfen wegen eines vorgezogenen Kohleausstiegs zu rufen?

Manche ostdeutschen Regionen wie die Lausitz brauchen (wie andere arme Gegenden auch) dringend neue Investitionen. Und nächstes Jahr sind Wahlen in Brandenburg und Sachsen, da wollen sie punkten, vor allem gegen die AfD. Da stört ein Umweltthema nur.

Alle Kommissionsmitglieder, die an eine gute Zukunft jenseits der Kohle glauben, sollten sich dazu nicht hergeben. Sondern auf der Straße, vor Gericht, durch Druck auf die Unternehmen und in den Parlamenten dafür sorgen, dass neben den Strukturmilliarden auch der Kohleausstieg kommt. Und zwar deutlich schneller, als ihn ein fauler Kompromiss in der Kommission bringen würde.

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