Mehr als ein Drittel der Frauen Opfer von Gewalt

Laut Frauengesundheitsbericht des Robert-Koch-Instituts bewerten zwei Drittel der Frauen in Deutschland ihre Gesundheit trotzdem als gut oder sehr gut

Machen mehr Sport als Männer, leben gesünder und länger: Frauen in Deutschland Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Von Franziska Schindler

Frauen verhalten sich oft gesundheitsbewusster als Männer und nehmen häufiger Maßnahmen der Gesundheitsprävention und -versorgung in Anspruch. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten ersten Frauengesundheitsbericht des Robert-Koch-Instituts im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums hervor. Für die Studie wurden der Gesundheitszustand, das Gesundheitsverhalten sowie die Gesundheitsversorgung von Mädchen und Frauen in Deutschland analysiert.

Ein Ergebnis: Zwei Drittel der Frauen in Deutschland bewerten ihre Gesundheit als gut oder sehr gut. Im Verlauf der letzten 20 Jahre hat sich die selbst eingeschätzte Gesundheit von Frauen deutlich verbessert, insbesondere in der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen. Auch die mittlere Lebenserwartung von Frauen steigt weiter an und liegt derzeit bei 83,3 Jahren. Sie liegt damit um fast fünf Jahre höher als bei Männern. Allerdings sind Frauen häufiger als Männer von Muskel- und Skeletterkrankungen sowie psychischen Erkrankungen wie Depression, Angststörungen und Essstörungen betroffen.

Eine starke Beeinträchtigung der Gesundheit von Frauen und Mädchen ist auf körperliche und sexualisierte Gewalt zurückzuführen. Laut Bericht sind 35 Prozent der Frauen in Deutschland seit dem 15. Lebensjahr Opfer von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt geworden.

Unabhängig vom sozioökonomischen Status entscheidet vor allem die Lebenssituation über das Risiko, Gewalt zu erfahren: So sind etwa Frauen in Trennungsphasen stärker gefährdet. Frauen und Mädchen mit Behinderungen sind zudem etwas zwei- bis dreimal häufiger von sexuellen Übergriffen betroffen als Frauen und Mädchen ohne Behinderung. Etwa die Hälfte der von Gewalt Betroffenen leidet zum Beispiel an chronischen Schmerzen, Atemwegs­erkrankungen und gynäkologischen Beschwerden ebenso wie an Depressionen, Angst- und Stresssymptomen.

Für Frauen und Mädchen mit Behinderung konstatieren die Forscher*innen zudem häufig eine Diskrepanz zwischen dem Bedarf an Leistungen des Gesundheitssystems und der Möglichkeit, diese in Anspruch zu nehmen. „Man denke da nur an die gynäkologische Behandlung: Für Frauen mit einer Gehbehinderung oder Hüftproblemen ist es oft schwierig, diese zu erhalten, wenn die Behandlungsstühle zum Beispiel nicht höhenverstellbar sind“, so Anke-Christine Saß vom Robert-Koch-Institut.

Insgesamt habe der Bericht deutlich gezeigt, dass beispielsweise Bildungsgrad, Ethnizität, Einkommen und sexuelle Orientierung einen starken Einfluss darauf haben, wie die Gesundheitschancen der Frauen sind. „Je mehr „ungünstige“ Merkmale man auf sich vereint, desto schwieriger kann es sein, die bestehenden Angebote für Prävention und Versorgung zu nutzen“, resümiert Saß. „Es ist deswegen umso wichtiger, die Diversität der Frauen bei der Gesundheitsversorgung im Blick zu behalten.“