Teure Überversorgung

Weil Bauern zu viel düngen, entstünden jährlich Umweltkosten in Höhe von 3 Milliarden Euro, so Wasserbetriebe. Auch das neue Recht sei nicht EU-konform

Von Jost Maurin

Die Überdüngung in Deutschland verursacht laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) jährlich 3 Milliarden Euro Umweltschäden. In dieser Höhe beziffert der Kieler Agrarprofessor Friedhelm Taube die „Schadwirkungen für Gewässer, Luft, Gesundheit und Klima (ohne Biodiversität)“ in einem am Montag veröffentlichten Gutachten für den Verband.

Der Wissenschaftler rechnet darin vor, dass nach der im vergangenen Jahr geänderten Düngeverordnung die Bauern im Schnitt pro Hektar Ackerland 25 Kilogramm mehr Stickstoff ausbringen dürften, als von den Pflanzen aufgenommen werden kann. Dabei handele es sich nur um die technisch vermeidbaren Kilogramm, die er jeweils mit 10 Euro multipliziert, einem laut Taube „konservativen“ Schadenswert aus der Fachliteratur.

Nitrat etwa aus Gülle ist potenziell gesundheitsschädlich und verschmutzt das Grundwasser, aus dem das meiste Trinkwasser gewonnen wird. In der Umwelt trägt zu viel Dünger zum Aussterben von Pflanzen- und Tierarten sowie zum Klimawandel bei. Zudem droht Deutschland eine hohe Geldstrafe der EU, weil die Nitratgrenzwerte immer wieder überschritten werden. Die Europäische Kommission prüft gerade, ob das neue deutsche Düngerecht der EU-Richtlinie zum Schutz der Gewässer vor Nitrat aus der Landwirtschaft entspricht.

Gutachter Taube kommt zu dem Schluss, dass auch die reformierte Düngeverordnung die EU-Vorgaben „nicht umsetzen“ werde. Die Regeln ließen immer noch zu hohe Mengen zu, unter anderem durch „nicht kontrollierbare“ Ausnahmen. So könnten Bauern die Obergrenzen wegen einer ihrer Meinung nach „schlechten Bestandsentwicklung“ der Pflanzen überschreiten. Er riet, die erlaubten Düngermengen vorübergehend um 20 Prozent zu reduzieren.

„Das Gutachten ist methodisch fragwürdig“, sagte der Generalsekretär des Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, der taz. Das aktuelle Düngerecht sei „das strengste aller Zeiten“. „Der tatsächliche Erfolg wird aufgrund der geologischen Gegebenheiten erst mittelfristig ersichtlich sein. Weitere Forderungen nach einer Verschärfung sind unverhältnismäßig.“