Berliner Bäder dürfen wieder heizen: Leider nichts gelernt

Der Senat hebt die Temperaturbeschränkungen für Bäder und Hallen auf. Es ist traurig zu sehen, wie wenig Energiesparen von Sorge ums Klima motiviert war.

Das Bild zeigt einen Stecker vor einer Steckdose.

Wieso denn Energiesparen? Jetzt kommt doch wieder Strom aus der Steckdose Foto: dpa

„Gute Nachricht für Warmbader“ hat die taz in dieser Woche zur Entscheidung des noch rot-grün-roten Senats geschrieben, Heizvorgaben für Bäder und Turnhallen aufzuheben. Für alle anderen ist es eine traurige Nachricht. Denn sie zeigt, wie sehr das Energiesparen der vergangenen Monate allein von Energieknappheit und – im privaten Bereich – von hohen Kosten für Gas und Strom geleitet war und wie wenig vom Klimaschutz.

Wenn es möglich war, im Winter mit abgesenkten Raum- und Wassertemperaturen zu leben – warum soll das ausgerechnet dann nicht mehr möglich sein, wenn es draußen wärmer wird? Wieso wieder mehr Energie investieren, wenn zeitgleich die neuesten Zahlen zum Klimawandel zeigen: Es muss in die andere Richtung gehen – zumindest solange sich diese Energie nicht allein oder zumindest zum größten Teil aus nachhaltigen Quellen erzeugen lässt.

Aber im Grunde kann die Entscheidung des Senats gar nicht überraschen. Sie reiht sich ein in ähnliches Verhalten der vergangenen Jahre. Als zu Lockdown-Zeiten plötzlich die Luft in Millionenstädten klar und in Kanälen in Venedig wieder Fische zu sichten waren, da schien es die Erkenntnis zu geben: Mit etwas weniger ist Klimarettung vielleicht doch noch möglich. Weniger fliegen vor allem, weniger Autofahren.

Doch längst füllen sich die Flughäfen länger wieder. Viele jubeln, „endlich mal wieder“ raus und „kurz mal“ nach Mallorca oder je nach Geldbeutel auch nach Übersee jetten zu können. Man kann den Eindruck gewinnen, sie wären in Haft gesessen oder der Landweg an den nächsten See oder das Meer wäre drei Jahren lang blockiert gewesen.

Sobald Energie nicht mehr knapp oder schwer bezahlbar ist, ist es mit dem Sparwillen vorbei.

Auch andere vermeintliche Erkenntnisse der Corona-Zeit sind vergessen. Die Väter und Mütter, die mit ihren Kindern in Lockdown-Zeiten erkennbar zum ersten Mal eine Runde im Park joggten und, glaubte man den Feuilletons, das Familienleben für sich entdecken – wo sind sie heute?

Um wieder zum Kernpunkt zu kommen: Obwohl der Winter den Nachweis erbracht hat, dass es möglich ist, bei niedrigeren Temperaturen zu baden oder zu arbeiten, hat das keine dauerhafte Einsicht. Sobald Energie nicht mehr knapp oder schwer bezahlbar ist, ist es mit dem Sparwillen vorbei. Man wolle doch leben und sich nicht kasteien, heißt es dann schon mal, sonst könne man sich ja gleich in Felle kleiden und in die Höhle ziehen.

Wer aber so wenig nachhaltig handelt, der braucht sich letztlich nicht zu wundern, wenn einige wiederum vergessen, was Rechtsstaat und Demokratie bedeuten und aus lauter Verzweiflung Straßen blockieren. Oder per Klimavolksentscheid ein Gesetz auf den Weg bringen, das schlicht nicht umzusetzen ist und damit im Erfolgsfall jeglichen Senat, egal welcher Koalition, automatisch zum Gesetzesbrecher macht.

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Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.

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