Mit Sicherheit zurück an die Macht in Berlin

CDU und SPD stellen ihren Koalitionsvertrag vor. Die Schwerpunkte: Klimaschutz, Polizei und Verkehrspolitik. Nun muss die SPD-Basis dem Bündnis noch zustimmen

Linke und Grüne hat sie abserviert, jetzt gibt es einen Neuen an ihrer rechten Seite: Franziska Giffey mit Kai Wegner, dem Regierenden Bürgermeister in spe, am Montag in Berlin Foto: Fo­to:­ Monika Skolimowska/dpa

Von Bert Schulz

Das ging fix: Nach dreieinhalb Wochen Verhandlungen haben CDU und SPD in Berlin eine Einigung über ihre politischen Ziele erreicht. Am Montag stellten die Par­tei­che­f*in­nen Kai Wegner (CDU) und Franziska Giffey (SPD) das Ergebnis vor. Beide Seiten betonten, lösungs- und zielorientiert zu arbeiten. „Wir wollen mit diesem Koalitionsvertrag alle Berlinerinnen und Berliner in den Blick nehmen“, sagte Wegner. Es gehe nicht um ein Gegen-, sondern um ein Miteinander – ein Seitenhieb gegen die bisherige rot-grün-rote Regierung, der er teils „ideologische“ Politik vorwarf.

Wegner nannte als große Themen die Mobilitätswende, Vielfalt, Klimaschutz und eine funktionierende Verwaltung. Man werde den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und die Taktzeiten „deutlich verbessern“. Mit Angeboten und nicht mit Verboten wolle man Menschen überzeugen, auf Busse und Bahnen umzusteigen. Wegner betonte aber auch: „Menschen, die mit dem Auto unterwegs sein wollen, werden ihren Platz haben.“

Im Nachgang der viel diskutierten Silvesterrandale kündigte der voraussichtlich künftige Regierende Bürgermeister eine größere Wertschätzung der Polizei und der Sicherheitskräfte an: „Sie werden spüren, dass die neue Koalition hinter ihnen steht.“ Auch in dieser Aussage versteckt sich Kritik an der bisherigen Regierung. Die Sicherheitskräfte sollten besser ausgestattet werden und dafür sorgen, dass „die Stadt sicherer und sauberer“ wird.

Zu der umstrittenen Namensabfrage nach den Silvester­übergriffen äußerte sich Wegner nicht. Auf Nachfrage erklärte Co-SPD-Chef Raed Saleh dazu: „Wir haben eine gemeinsame Grundlage: Berlin ist die Stadt der vielen.“ Das auch wahltaktisch motivierte Vorgehen der CDU hatte der Partei massive Rassismusvorwürfe eingetragen.

Eine andere große Baustelle ist der Umbau der Verwaltung. Wegner will die Digitalisierung vorantreiben und klare Zuständigkeiten zwischen dem Land und den Bezirken schaffen, die in Berlin die kommunale Ebene bilden. „Das wird nicht ganz einfach“, gab der 50-Jährige zu. Die Berliner Verwaltung ist seit Jahren in der Kritik: Termine auf Bürgerämtern zum Beispiel sind Mangelware.

Als weitere Herausforderung hat die wohl künftige Regierung die Klimapolitik ausgemacht – auch jenseits des gescheiterten Volksentscheids vor einer Woche. „Klimaschutz ist vielen Menschen und auch uns wichtig“, sagte Giffey. Deshalb habe man sich auf ein „bundesweit in dieser Höhe einmaliges Sondervermögen“ verständigt. Mit bis zu 10 Milliarden Euro solle die Klimaneutralität der Stadt schneller erreicht werden. Der bisherige rot-grün-rote Senat hatte als Zieljahr 2045 vereinbart. „Berlin soll beim Thema klimaneutrale Stadt Vorreiter sein“, so Giffey.

Insgesamt haben sich beide Parteien also viel vorgenommen. Das schlägt sich bereits im Titel des 135-seitigen Koalitionsvertrags nieder: „Das Beste für Berlin“. Dabei hat die neue Koalition nach der wiederholten Abgeordnetenhauswahl lediglich dreieinhalb Jahre Zeit, ihre Ziele umzusetzen. Die Wiederholung war nötig geworden, nachdem das Landesverfassungsgericht die Wahl vom September 2021 für ungültig erklärt hatte.

„Das Beste für Berlin“ steht über dem Koalitionsvertrag. Darunter macht es Schwarz-Rot nicht

Über die Namen der Regierungsmitglieder ist am Montag nichts bekannt gegeben worden. Nur die Verteilung ist festgelegt: CDU und SPD erhalten je fünf Se­na­to­r*in­nen­pos­ten – auch das ist ein Erfolg für die Sozialdemokrat*innen, die bei der Wahl am 12. Februar mit 18 Prozent zehn Prozentpunkte hinter der CDU landeten. Auch Giffey könnte dem neuen Senat wieder angehören.

Allerdings muss die SPD-Basis dem Koalitionsvertrag noch zustimmen. Und es gibt Gegenwind: Die Jusos mobilisieren dagegen, mehrere große Kreisverbände sprachen sich grundsätzlich dagegen aus. Eine Mehrheit für ein Nein wäre dennoch eine Überraschung. Bei einem Ja könnte Wegner am 27. April zum neuen Regierenden Bürgermeister gewählt werden. Er wäre der erste CDU-Regierungschef in der Hauptstadt seit 2001.