Wegner gewählt im dritten Wahlgang: Kai besser zurück in die Kiste

Kai Wegner ist gewählt. Bereits vor dem dritten Wahlgang ging die Angst vor der AfD um. Am Ende blieb offen, ob er seine Wahl Rechtsextremen verdankt.

Foto: Hannes P. Albert/dpa

BERLIN taz | Nach der Wahl hatte niemand einen Blumenstrauß vor die Füße von Kai Wegner geworfen. Verdient hätte er das gleichwohl zumindest aus Sicht der Linken. Anne Helm, Fraktionsvorsitzende, twitterte: „Ohne einfache Mehrheit in den dritten Wahlgang zu gehen, sehenden Auges die AfD zu Königsmachern zu erheben, das ist unwürdig für das Amt. Wir hätten Berlin das gerne erspart und haben deshalb die Vertagung des 3. Wahlgangs beantragt.“ Die noch Landesvorsitzende Katina Schubert ergänzte: „Ein Regierender Bürgermeister von Gnaden der AfD – was ein Desaster.“

Die AfD hatte kurz nach Ende des dritten Wahlgangs zum Regierenden Bürgermeister eine Pressemitteilung verschickt und auf der Tribüne verteilt, dass sie im dritten Wahlgang zum Regierenden Bürgermeister für Wegner gestimmt habe. Wegner blickte zunächst etwas betreten drein, nahm die Wahl mit 86 Stimmen danach aber an und wurde vereidigt. Zuvor hatte er in zwei Abstimmungen keine Mehrheit im Abgeordnetenhaus bekommen, obwohl SPD und CDU eine Mehrheit von 6 Stimmen haben.

Wie immer, wenn der AfD sich die Gelegenheit bietet, nutzen sie alle Tricks, um das parlamentarische System zu untergraben oder Verunsicherung zu produzieren. So las sich dann auch die verschickte Mitteilung der extremen Rechten: „Die offensichtliche Unfähigkeit, verlässliche Mehrheiten zu schaffen, zeigt, wie wichtig die AfD als stabilisierender Faktor einer Regierungsmehrheit sein kann.“ Es sei an der Zeit, dass insbesondere die CDU das erkenne, ließ sich AfD-Chefin Kristin Brinker zitieren.

Ob die Stimmen am Ende wirklich von der AfD kamen, ist unklar, weil die Wahl geheim blieb. Unwahrscheinlich wäre es jedenfalls nicht, wenn man an die Thüringer Regierungskrise von 2020 und Thomas Kemmerich denkt.

Ein Gefühl von Thüringen

Und so war spätestens nach dem zweiten Wahlgang auch ein mulmiges Gefühl wahrzunehmen. Vor dem dritten Wahlgang ging auch die Angst unter Abgeordneten um, dass die AfD wie 2020 in Thüringen am Ende das Zünglein an der Waage sein könnte und Wegner ins Amt verhelfen könnte. Die Wahl des FDP-Kandidaten Kemmerich damals mit AfD-Stimmen hatte eine Regierungskrise nach sich gezogen. Die Linken-Chefin Henning-Wellsow warf ihm einen Blumenstrauß zu Füßen, Kemmerich trat schließlich zurück. Die danach von Rot-Rot-Grün unter Bodo Ramelow gebildete Minderheitsregierung wurde zunächst ein Jahr lang von der CDU toleriert. Mittlerweile ist die Regierung in Teilen handlungsunfähig und FDP und CDU bringen teilweise Anträge mit AfD-Stimmen durch.

Ähnlich schätzten es auch Pol­iti­ke­r*in­nen am Donnerstag ein. So schrieb Maximilian Schirmer, möglicherweise bald neuer Linken-Vorsitzender, bereits vor der Wahl: „Wenn Kai Wegner jetzt in den 3. Wahlgang geht, reibt sich die AfD schon die Hände, weil sie genau wissen, was sie dann zu tun haben. Alles wissen es. Sagt mir bloß keiner später, das hat niemand kommen sehen.“ Eine beantragte Vertagung des dritten Wahlgangs wurde kurz darauf verworfen.

Bereits die lange Hängepartie zwischen den ersten beiden Wahlgängen nutzten vor allem Po­li­ti­ke­r:in­nen von Linken und Grünen zu beißender Kritik.

Der Fraktionsvorsitzende der Linken Carsten Schatz warf der SPD-Führung um Franziska Giffey und Raed Saleh vor, „zu früh die Entscheidung getroffen zu haben, aus einer funktio­nierenden parlamentarischen Mehrheit zu flüchten“. Für das Desaster der Nichtwahl Wegners seien sie verantwortlich.

Der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto verwies zwischenzeitlich darauf: „Jetzt sind alle Fraktionen in der Opposition.“ Weiterer Spott kam aus Reihen der Linken. Die Abgeordnete Ines Schmidt twitterte: „Rot-Grün-Rot hätte schon längst gestanden und wir wären schon zu Hause.“ Und Niklas Schrader, ebenfalls von der Linken, ergänzte: „Kai Wegner ist echt 3. Wahl.“

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