Olles Gemüse: Kampf der grünen Paprika

Herb, unreif und schwer zu vermeiden: Unsere Autorin möchte mit diesem schwierigen Gemüse nichts zu tun haben.

Gelbe, rote und grüne Paprika in einer Plastikverpackung

Paprika kommen viel zu oft zu dritt daher Foto: Jusus Cuveland/imageBROKER/imago

Neulich war ich mit einer Freundin im Café. Arglos und voller Vorfreude bestellte ich mir ein Omelett, und was dann geschah, darüber möchte ich sprechen. Das Omelett bestand laut Karte aus drei Eiern, und wie ich erfahren musste, auch aus grüner Paprika. Hat die Welt so was schon gesehen? Ich hoffe nicht.

Grüne Paprika, so sagt es das Internet und ich kann es nur bestätigen, ist herb, unreif und herb, also haben wir eine gewisse Ähnlichkeit, aber mich gibt’s nicht im Omelett. Ich hatte wirklich großen Hunger, es war schon 14.45 Uhr, aus dem ersten Café waren wir rausgeflogen (fragt nicht!), und so habe ich das Omelett mit grüner Paprika aufgegessen. Zwei Stücke habe ich an den Tellerrand gelegt, die waren dann wirklich zu viel. Also zwei Stücke grüne Paprika.

Der empfohlene Vitamin-C-Bedarf von zirka 100 Milligramm kann mit dem Verzehr von nur einer Paprika bereits gedeckt, gar überschritten werden. Weil mir mein Vitaminhaushalt wichtig ist, esse ich täglich Paprika. Nicht nur, auch Radieschen und Gurke und Möhre und Apfel und Trauben, und wenn die Zeit endlich gekommen ist, auch Kirschen. Aber das tut eigentlich nichts zur Sache, es geht ja nun um Paprika. Und da kann ich klar sagen: Mit grüner Paprika möchte ich nichts zu tun haben. Die möchte ich nicht in meinem Magen beherbergen. Vielleicht ist grüne Paprika mein Spinat. Also, wenn ich fünf wäre, was ich manchmal bin, unreif, wie die grüne Paprika.

Die eigentliche Frechheit, über die viel zu wenig gesprochen wird, ist ja, dass es immer diese Dreierpacks gibt. Es ist wie mit Beziehungen, du willst lachen und kuscheln und bekommst den Streit mitgeliefert. Bei Paprika bekommst du die gelbe, die rote – aber eben auch die grüne mitgeliefert. Und alle nehmen das so hin, niemand kann den Kampf gegen die grüne Paprika führen, weil wir alle damit beschäftigt sind, in unseren Beziehungen zu streiten. Überlegt also bitte bei eurem nächsten Streit genau, ob da nicht eigentlich die Grüne-Paprika-Lobby die Fäden in der Hand hält.

Marktwirtschaftliche Zwänge

Es ist nämlich so: Grüne Paprika ist nicht nur herb, grün und etwas Vitamin-C-ärmer, sondern auch noch die Günstigste. Also in der Produktion, denn grüne Paprika ist tatsächlich und wortwörtlich unreif, sie verweilt kürzer am Strauch. Würde sie dort bleiben, würde sie später gelb oder rot, je nach Veranlagung. So ein Dreierpack, das sind nämlich einfach zwei Erwachsene, ein Kind. Die klassische Kleinfamilie. Welche Gesellschaft soll das bitte abbilden?

Aber zurück zu günstig. Das ist an sich ja nicht schlecht. Günstig gefällt, günstig ist nötig. Inflation, Strom, Heizung, Christian Lindner hat viel, wir haben wenig. Aber der geringe Herstellungspreis der grünen Paprika ist ja nicht zu unseren Gunsten, sondern DIE DA OBEN profitieren. Die Paprika-Fabrikant*innen, indem sie die drei Paprikas immer nur zusammen anbieten. Und wir müssen die grüne Paprika mitkaufen und damit auch das schlechte Gewissen.

Denn, und das ist mir jetzt unangenehm und eigentlich will ich es nicht schreiben, tue es aber doch: Manchmal landet die grüne Paprika im Müll. Sie lagert so lange im Kühlschrank, bis sie nurmehr an ein welkes undefinierbares Bällchen erinnert, und dann wird es wirklich Zeit, sich zu verabschieden.

Also mehr gezahlt, um ein schlechtes Gewissen zu haben und bei meinen Freun­d*in­nen als Essenswegschmeißerin verschrien zu sein. Und deshalb, liebe Paprika-Fabrikant*innen, werden wir einander nicht mehr grün!

Korrektur: In einer früheren Version des Textes war von einem Vitamin-C-Tagesbedarf von 100 Gramm die Rede, das war ein Fehler.

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