Neuer Datenschutzdeal zwischen EU und USA: Verkatertes Erwachen

Erneut hat die EU ein Abkommen mit den USA über Datenschutz abgeschlossen. Es verbessert nichts, sondern legalisiert die bestehende Überwachung.

Großes Gebäude von Parkplatz umgeben.

An der Überwachungspraxis der USA ändert sich nichts: NSA-Zentrale in Fort Meade Foto: NSA/reuters

Ist es Hartnäckigkeit? Ignoranz? Naivität? Jedenfalls ist es ein ziemlicher Betrug an den Bürger:innen, den die EU-Kommission in dieser Woche final beschlossen hat: ihren neuen Datenschutzdeal mit den USA. Der ist die Basis dafür, dass Unternehmen wie Meta oder Amazon, aber auch viele kleine Firmen mit weniger bekannten Namen persönliche Daten von Menschen aus der EU unkompliziert in den USA verarbeiten dürfen.

Warum die EU diese Vereinbarung eingegangen ist? Weil die beiden vorherigen vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gekippt wurden. Zu lasch der Schutz vor den geheimdienstlichen Überwachungsinteressen jenseits des Atlantiks, zu wenig bis nicht vorhanden die rechtliche Handhabe der Betroffenen dagegen.

Immerhin hat die EU-Kommission dieses Mal auf einen leicht durch den Kakao zu ziehenden Namen verzichtet. Statt „Safe Harbor“ (sicherer Hafen) und „Privacy Shield“ (Privatsphäre-Schutzschild), die sich als gar nicht sicher und ziemlich löchrig entpuppten, gibt es nun ein nüchternes Datenschutz-Rahmenabkommen.

Auf was die EU-Kommission bei ihren Verhandlungen mit den USA aber leider auch verzichtet hat: substanzielle Verbesserungen durchzusetzen. Der Erlass, den US-Präsident Biden im vergangenen Herbst herausgegeben hat und der die Basis für die neue Vereinbarung ist, hat etwas von der Reaktion auf ein verkatertes Erwachen: Mit etwas Kosmetik lässt sich zwar die Optik wiederherstellen. Aber dahinter verbirgt sich immer noch ein ziemlich desolater Zustand.

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

An der Überwachungspraxis ändert sich nichts

Und so finden sich im US-Erlass ein paar formelle Zugeständnisse an das, was der EuGH als Basisanforderungen für künftige Datenschutz-Vereinbarungen aufgestellt hat. Anforderungen, deren Erfüllung einen Transfer persönlicher Daten aus der EU in die USA erst vereinbar machen würden mit den EU-Grundrechten. Das Problem ist: An der Überwachungspraxis der USA wird das wohl kaum etwas ändern.

Eine politische Entscheidung ist selten nur eine Entscheidung in der Sache. Fast immer ist sie auch ein Signal. Ist staatliche, geheimdienstliche Überwachung ein ernst zu nehmendes Problem? Ist das praktisch grenzenlose Sammeln persönlicher Daten, die Basis des Geschäftsmodells der Big-Tech-Konzerne, ein Problem?

Das Signal der EU-Kommission hier: Na ja, vielleicht ein Pro­blem­chen, aber das kriegen wir mit ein paar hübschen Klauseln gelöst. Liebe Nut­ze­r:in­nen, macht euch keine Sorgen, wir kümmern uns, ihr könnt weiterhin mit euren Daten die Konzerne füttern.

Leider ist die Realität eine andere: Nichts wird gelöst. Die ohnehin bestehende Praxis wird formal legalisiert. Zumindest, bis der EuGH, vor dem auch Deal Nummer 3 landen wird, wieder einmal den Daumen senkt.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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