Monopolkommission zu Reformplänen: Bahn AG soll Kontrolle verlieren

Mehr Wettbewerb soll die Probleme des Konzerns lösen. Dass das funktioniert, glauben nicht alle. Auch die Pläne der Ampel sind andere.

Ein roter Regionalexpress der Deutschen Bahn unterwegs in grüner Landschaft

Ein Regionalexpress der Deutschen Bahn unterwegs in Brandenburg Foto: Paul Langrock

BERLIN taz/rtr | Die Reformpläne der Bundesregierung bei der Deutschen Bahn AG (DB) gehen der Monopolkommission des Bundes nicht weit genug. Sie plädiert dafür, das Schienennetz komplett von dem Konzern zu trennen, um mehr Wettbewerb zu schüren. Diese Forderung unterlegte sie am Dienstag mit einem neuen Gutachten, nach dem die DB immer noch den Großteil des Verkehrs auf der Schiene übernimmt.

Der Personennahverkehr fand demnach 2021 zu 66 Prozent über die DB statt, beim Fernverkehr hatte sie einen Anteil von 96 Prozent, im Güterverkehr von 45 Prozent.

„Es wird höchste Eisenbahn für ambitionierte Reformen“, erklärte Kommissionschef Jürgen Kühling. Das zeige sich an den Qualitätsmängeln der gesamten Infrastruktur, Verspätungen und Zugausfällen. Die Kommission empfehle eine weitgehende wirtschaftliche und organisatorische Unabhängigkeit, damit sich das Netz allen Nutzern verpflichtet fühle. Auch der Vertrieb etwa von Tickets müsse stärker dem Wettbewerb geöffnet werden.

Die Kommission und auch der Bundesrechnungshof fordern die Aufspaltung der Bahn in Infrastruktur- und Betriebsgesellschaften schon lange. Beide argumentieren, dass ein unabhängiges Netz den Wettbewerb auf der Schiene fördere und der Bahnbetrieb damit günstiger würde. Nutznießer wäre die private Bahnkonkurrenz, die sich am Dienstag dann auch erfreut über den Rückenwind durch die Kommission zeigte. „Deutschland braucht den Befreiungsschlag beim Schienennetz“, sagte Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen.

Ab in die Privatisierung?

Den Glauben, dass mehr Wettbewerb auf der Schiene die Probleme bei der Bahn – Verspätungen, Zugausfälle, mangelnde Vernetzung, Großbaustellen, immer teurer werdende Megaprojekte – lösen wird, teilen allerdings nicht alle. Das Bündnis „Bahn für alle“ etwa, zu dem Um­welt­schüt­zer:innen, Gewerkschaften und globalisierungskritische Gruppen gehören, warnt: „Die Abtrennung der Infrastruktur ist regelmäßig die Voraussetzung für Liberalisierungen und Privatisierungen.“ Die Folge wäre nur ein höherer Preisdruck auf Kosten weniger rentabler Strecken und der Beschäftigten – und damit auch zuungunsten der Kund:innen. Das Bündnis fordert stattdessen, „die ganze Bahn“ gemeinnützig werden zu lassen.

Die Ampelkoalition versucht derzeit den Spagat. Sie will die Netz AG, also die Schienen, mit den Bahnhöfen in einer gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft namens „Infrago“ zusammenschließen, die nach den bisherigen Plänen schon am 1. Januar 2024 an den Start gehen soll. Diese soll im Konzern verbleiben, aber eben nicht in erster Linie renditeorientiert ausgerichtet sein. Allerdings lässt das Konzept noch eine Menge Fragen offen – etwa, was konkret „Gemeinwohl“ bedeutet, wie das Ganze finanziert wird, welchen Einfluss der Bund auf die Ausrichtung nehmen und wie er das Unternehmen kontrollieren kann.

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