Das Feuer auf Rhodos brennt außer Kontrolle

Es ist die größte Evakuierung in der Geschichte Griechenlands. Hotels sind abgebrannt, Touristen und Einwohner fliehen. Am sechsten Tag in Folge wüten gewaltige Waldbrände

Leere Strände unweit von Lindos: Die Feuerwehr kämpft gegen die Flammen, um den Touristen-Hotspots Lindos zu schützen Foto: Lefteris Damianidis/reuters

Aus Athen Ferry Batzoglou

Es ist schon die zweite Hitzewelle, die im laufenden Monat ganz Griechenland mit Lufttemperaturen von rund 40 Grad Celsius erfasst. Wegen aufkommender starker Winde wüteten zuletzt bereits riesige Waldbrände im Westen Attikas (Großraum Athen) sowie in Loutraki nahe Korinth. Gegenwärtig besonders betroffen: die Urlaubsinsel Rhodos – mitten in der Hochsaison.

„Die Situation auf Rhodos ist schwierig, weil das Feuer nicht unter Kontrolle ist“, erklärte der Sprecher der griechischen Feuerwehr, Vassilis Vathrakogiannis. Er verwies auf ein „explosives Gemisch mit geringer Luftfeuchtigkeit, hohen Boden- und Lufttemperaturen und starkem Wind“. Die ganze Nacht zu Sonntag hätten die Feuerwehrleute gegen Ausbrüche des Feuers im Zentrum und im Südosten und Osten von Rhodos gekämpft.

Laut der offiziellen Homepage des Flughafens in Rhodos landeten am Sonntag gleich zwei Flieger der Fluggesellschaft TUI Airways des weltweit größten Touristikkonzerns TUI aus London und Newcastle kommend auf Rhodos – der bereits eingeleiteten Massenevakuierungen auf dem Eiland zum Trotz. Am Tag sechs des verheerenden Feuers auf Rhodos, gab es zur prekären Situation auf der Urlaubsinsel keinerlei Presseinformationen auf der offiziellen TUI-Homepage. Das Unternehmen twitterte dann am Sonntagnachmittag, dass die Flüge nach Rhodos mindestens für Montag und Dienstag gestrichen wären.

Griechischen Medienberichten zufolge kämpft die Feuerwehr auf Rhodos gegen drei aktive Fronten. Betroffen sind vor allem die Küstenorte Kiotari sowie Gennadi im Südosten der Insel, auch beim Ort Apollon im Inselinneren lodert das Feuer immer wieder auf. Die Einsatzkräfte wollen verhindern, dass sich die Feuerwalze weiter nach Norden in den dichten Wald mit fatalen ökologischen Folgen ausbreitet. Obendrein wurde östlich des technischen Sees Gadoura darum gekämpft, ein Übergreifen der Flammen unweit des Touristen-Hotspots Lindos zu verhindern.

Bei Tagesanbruch hatten insgesamt zehn Flugzeuge und fünf Hubschrauber, darunter sieben griechische, ein kroatischer und zwei türkische Helikopter, mit den Abwürfen von Wasser auf die Waldbrände begonnen. Am Sonntagmorgen waren 266 Feuerwehrleute mit 16 Wanderteams und 49 Wasserfahrzeugen im Einsatz. Wegen der Feuer musste der Straßenverkehr von Südrhodos nach Rhodos-Stadt ganz im Norden der Insel und umgekehrt umgeleitet werden.

Wie Videoaufnahmen zeigen, versuchten Bewohner von Kiotari, die Front mit Feuerlöschern einzudämmen. Unterdessen spielten sich an den Stränden der Urlaubsinsel dramatische Szenen ab. Tausende Touristen sowie Einwohner sahen sich bereits am Samstag dazu gezwungen, vor der Feuerwalze die Flucht zu ergreifen. Auf Videos in den sozialen Netzwerken sind griechische Feuerwehrleute zu sehen, die Touristen dazu auffordern, ihre persönlichen Gegenstände zurückzulassen und mit ihnen in Fahrzeuge zu steigen, um ihr Leben zu retten. Die Nacht zu Sonntag verbrachten Tausende Touristen sowie Einwohner in Turnhallen, auf Booten, in Sonderbauten und Militäreinrichtungen sowie auf dem Flughafen von Rhodos. Dort warteten Flugzeuge, die sie abholen sollen.

Tausende schlafen in Turnhallen, Militärposten, auf Booten und im Flughafen

Die größte Evakuierungsaktion bei Waldbränden in Griechenland begann am Samstagmittag. Daran waren Schiffe der Küstenwache, private Boote, ein Frachtschiff, eine Passagierfähre und Schlauchboote des Patrouillengeschwaders beteiligt. Nach ersten Schätzungen der griechischen Polizei seien 19.000 Menschen auf dem Landweg sowie auf dem Wasserweg in Sicherheit gebracht worden.

Derweil veröffentlichte das Athener Ministerium für die Klimakrise und den Bürgerschutz eine Karte, wonach am Sonntag in weiten Teilen von Griechenland extreme, sehr hohe oder hohe Brandgefahr herrsche. Demnach befänden sich in der höchsten Risikostufe fünf (ex­treme Brandgefahr) Attika (Großraum Athen), Regionen in Mittelgriechenland, der Halbinsel Peloponnes, in Westgriechenland und in Thessalien – sowie abermals Rhodos. Am Dienstag und Mittwoch stehe, so das Ministerium weiter, eine neue Hitzewelle in Griechenland bevor.