Meer vor Florida weit über 30 Grad

Ungewöhnlich heiße Wassertemperaturen erhöhen in den USA die Gefahr von Starkregen und gefährden Korallen. Hitzedom an Land

Mehrere Menschen baden in türkisgrünem Wasser an einem Strand

An der Atlantikküste Floridas: Hier wurde das Wasser zuletzt so warm wie in einer Bade­wanne   Foto: Foto:Wilfredo Lee/ap

Von Gereon Asmuth

Küstenorte in Florida kämpfen mit den Auswirkungen einer rekordverdächtigen globalen Erwärmung der Ozeane. Die Wassertemperatur liegt vielerorts weit über 30 Grad Celsius. Eine Boje der US-Wetterbehörde NOAA maß am Montagabend (Ortszeit) in der Nähe von Johnson Key 36,1 Grad. Eine andere Boje hatte am Vortag in der Nähe von Vaca Key eine Temperatur von fast 35 Grad registriert.

Die Wassertemperaturen im Golf von Mexiko und im Südwestatlantik seien zwei bis drei Grad wärmer als normal, sagte der Meteorologe Andrew Orrison vom zur NOAA gehörenden nationalen Wetterdienst NWS. „Das ist unglaublich“, so Orrison. „Das Wasser ist so warm, dass man sich gar nicht abkühlen kann.“

Die ungewöhnlichen Wassertemperaturen gefährden die Korallen vor der Küste. Man werde es wohl „mit einer schlimmen Bleiche zu tun haben“, sagte die Wissenschaftlerin Liv Williamson vom Coral Reef Futures Lab der Universität von Miami der Nachrichtenagentur AP. Die Wahrscheinlichkeit einer großen Bleiche an vielen Riffen entlang der Pazifikinseln am Äquator bis nach Florida betrage 90 Prozent.

„Wir haben erst Juli, die Hitze wird sich noch weiter aufstauen, und die Korallen werden gezwungen sein, viel länger als normal mit gefährlich warmen Bedingungen zurechtzukommen“, erklärte Williamson. „Wir erhalten bereits Berichte über Bleiche aus Belize, was so früh im Sommer sehr alarmierend ist.“

Die globalen Meeresoberflächentemperaturen sind seit April rekordverdächtig hoch. Wissenschaftlern zufolge sind der Klimawandel und das Wetterphänomen El Niño Ursachen für die derzeitige Hitze.

Sie führt auch an Land zu Gefahren: Mehr als 50 Millionen Menschen im Süden der USA steht eine Hitzewelle mit besonders hohen Temperaturen bevor – von Kalifornien im Südwesten über Texas bis nach Florida im Südosten. Nach Angaben des Wetterdienstes NWS hat sich über den südwestlichen Bundesstaaten ein sogenannter „Hitzedom“ gebildet. In Teilen von Kalifornien, Arizona, Nevada und New Mexico werde es über 37 Grad Celsius heiß.

Für den Süden und das Zentrum von Kalifornien warnte der Wetterdienst vor besonders extremer Hitze. Im Laufe der Woche könnten die Temperaturen in Teilen des Bezirks Los Angeles auf bis zu 44 Grad steigen. „Streichen Sie Aktivitäten unter freiem Himmel zwischen 10 und 16 Uhr“, riet der Wetterdienst in Las Vegas und erinnerte daran, dass „Hitze das tödlichste Wetterphänomen“ in den USA sei. Diese extreme Hitze mit „keiner oder nur wenig Unterbrechung in der Nacht“ betreffe „jede Person, die nicht über eine wirksame Klimaanlage und/oder angemessene Wasserversorgung verfügt“. Vor allem die Dauer der Hitzewelle bereitet vielen Experten Sorge: In Phoenix, der Hauptstadt des Bundesstaates Arizona, war es nun bereits zehn Tage über 43 Grad heiß. Texas bekommt schon seit Längerem die Auswirkungen des „Hitzedoms“ zu spüren. Bei dem Wetterphänomen ist die Hitze wie unter einer riesigen Kuppel gefangen und kann nicht entweichen. Laut Studien der Forschungsgruppe World Weather Attribution (WWA) war der letzte Hitzedom in den USA und Kanada im Sommer 2021 ohne den menschengemachten Klimawandel „praktisch unmöglich“.

Wenn sich der Ozean erwärmt, wird Starkregen auf dem Festland wahrscheinlicher

Das Wasser erhitzt sich nicht ganz so schnell wie die Landmassen: Laut dem Datenprojekt Climatereanalyzer liegt die durchschnittliche Meerestemperatur weltweit aktuell um 0,7 Grad über dem zwischen 1982 und 2011 registrierten Mittelwert. Bereits seit März werden Tag für Tag Werte gemessen, die höher liegen als alle Tagesrekorde der vergangenen 40 Jahre zuvor.

Die Wassertemperatur hat extreme Folgen für das Wetter an Land. „Wenn Luftmassen schon warm vom Atlantik herkommen, werden sie am Tag über dem Land noch weiter von der Sonne aufgeheizt“, erklärte Stefan Rahms­torf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung kürzlich in Spektrum der Wissenschaft. Zudem steige auch die Luftfeuchtigkeit, hieß es weiter in dem Wissenschaftsmagazin. Wenn das Meer wärmer ist, verdunste mehr Wasser, so dass auch mehr davon abregnen könne. Kurz gesagt: Der warme Ozean erhöht die Wahrscheinlichkeit von Stark­regen.

Solchen gab es jüngst immer wieder zu beobachten. Zuletzt machten Bilder aus Saragossa in Spanien die Runde, wo Menschen auf die Dächer ihrer Autos flüchteten, weil sich eine Straße in einen Fluss verwandelt hatte. Nicht ganz so stark war der Regen am Sonntag im Ruhrgebiet. Aber auch dort verwandelte sich die zentrale Autobahn A40 kurzzeitig in eine Badewanne. „Die globale Erwärmung erhöht extreme Niederschläge“, betonte Klimaforscher Rahmstorf. Wissenschaftler hätten seit 30 Jahren davor gewarnt.