Vonovia täuscht Berliner Mieter: Gaebler in der Bündnisfalle

Mit dem Wohnungsbündnis wollte die SPD zeigen, dass Private auch ohne Vergesellschaftung „fair“ sein können. Nun stellt sich heraus: Alles Lüge.

Vonovia-Chef Buch und Franziska Giffey

Tarnen und Täuschen. So heißt eine Einheit der Bundeswehr in Storkow. Mit dabei: Vonovia und SPD Foto: dpa

„Soll ich eine Revolution ausrufen?“, fragte Berlins Bausenator Christian Gaebler (SPD) im taz-Interview in dieser Woche leicht genervt. Inzwischen wissen wir, dass das, was die Sozialdemokratie in ihrer Geschichte revolutionären Forderungen gerne entgegenhielt, in diesem Fall ein stumpfes Schwert ist. Mit Reformen oder Selbstverpflichtungen werden Vonovia und Co. nicht zu bändigen sein.

Mann kann nicht sagen, dass Gaebler und andere SPD-Größen wie Franziska Giffey und Andreas Geisel sich nicht bemüht hätten. Das Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen war ein solcher Versuch. Giffey wollte landeseigene Wohnungsgesellschaften und private Investoren an einen Tisch holen, um mit ihnen gemeinsame Standards im Umgang mit den Mieterinnen und Mietern zu diskutieren. Der Hintergedanke: Wenn die Privaten sich mäßigen, braucht es keine Enteignungen.

Doch bald schon zeigte sich: Es blieben nur wenige Private am Bündnistisch sitzen, und die, die sich schließlich mit der Politik auf konkrete Ziele einigten, brechen nun wie die Vonovia und ihre Tochter Deutsche Wohnen einfach ihr Wort. Diese Woche wurde bekannt, dass die Vonovia in ihren Mieterhöhungsschreiben kein Wörtchen darüber verloren hatte, dass die Mieten von Mieterinnen und Mietern mit Wohnberechtigungsschein WBS maximal um zwei Prozent pro Jahr erhöht werden dürfen.

Die oppositionellen Grünen sprechen bereits von einem „Sargnagel“ für das Berliner Wohnungsbündnis. Tatsächlich haben dessen Vereinbarungen nur empfehlenden, nicht aber verpflichtenden Charakter. Auch können die Betroffenen sie nicht einklagen. Das Vertrauen, das ihnen entgegen gebracht wurde, haben Vonovia und Deutsche Wohnen damit aufgebraucht. Mehr noch: Wenn die privaten Immobilienunternehmen Mieter und Politik derart täuschen, haben sie nichts anderes verdient als die Peitsche. Wer nicht hören will, muss fühlen.

Einzige Alternative: Vergesellschaften

Vor allem Bausenator Gaebler, dessen politisches Ziel es war, dass die privaten Unternehmen „fair“ agieren, sitzt nun in der Bündnisfalle. Auf die Nachricht, dass Vonovia die Bündnisergebnisse nicht einhält, reagierte seine Verwaltung lediglich mit dem Hinweis auf das laufende Monitoring.

Im Herbst will Gaebler mit anderen Senatsverwaltungen Eckpunkte für ein Vergesellschaftungsrahmengesetz diskutieren. Bis dahin galt es als ausgemacht, dass es das Ziel der SPD ist, eine Vergesellschaftung nur in der Theorie zu denken, nicht aber, sie praktisch vorzubereiten.

Nun aber werden, vor allem im koalitionskritischen Flügel der Partei, die Stimmen lauter werden, die Zügel anzuziehen. Sollte das Rahmengesetz dann juristisch nicht zu Fall kommen, könnte die Vergesellschaftung tatsächlich in die Wege geleitet werden. Vonovia und Co. hätten es nicht anders verdient.

Und die Berliner SPD auch nicht.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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