Schutz des Regenwaldes in Brasilien: Die Pflicht des Westens

Der Regenwald wird gerodet, damit die Agrarindustrie billig für den reichen Norden produziert. Auch deshalb muss Europa Brasilien helfen – mit Geld.

Präsident Lula da Silva sitzt neben Helder Barbalho und der Ministerin für indigene Völker Sonia Guajajara, die traditionellen Kopfschmuck trägt

Amazonasgipfel in Belém, Brasilien mit Präsident Lula: Wer den Regenwald erhalten möchte, soll dafür auch bezahlen Foto: Ricardo Stuckert/dpa

Der brasilianische Präsident Lula hat sich auf dem Amazonas-Gipfel in ­Belém selbstbewusst präsentiert. Und einige klare Botschaften in Richtung der Indus­trienationen gesendet. Sein Land habe viel zu lange den „untergeordneten Platz des Rohstofflieferanten“ eingenommen, es lasse sich nun nichts mehr vorschreiben.

Bereits bei den Verhandlungen über das EU-Mercosur-Abkommen trat Lula so offensiv auf. Und er hat damit recht: Wenn die reichen Länder es mit dem Klimaschutz wirklich ernst meinen, müssen sie mit ihren Part­ne­r*in­nen in Südamerika auf Augenhöhe diskutieren.

Sicherlich ist es gut, dass auch Europa auf der Rettung des Regenwaldes besteht. Doch bisweilen stände gerade Europa, das schon vor Jahrhunderten einen Großteil seiner Wälder rodete, ein bisschen mehr Zurückhaltung gut an. Die EU sollte sich die Vorschläge aus Südamerika genau anhören.

Zum Beispiel diesen: Lula pocht auf jährliche Zahlungen der Industrienationen in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar, damit Länder wie Brasilien ihre Abholzung reduzieren können. Das wurde bereits auf der Weltklimakonferenz im Jahr 2009 beschlossen. Passiert ist bisher nichts. Auch Kolumbiens Präsident Gustavo Petro drängt auf radikalere Schritte. Er forderte eine Strategie nach dem Vorbild des Marshallplans: Entwicklungsländern sollen im Gegenzug zu Klimaschutzmaßnahmen ihre Auslandsschulden erlassen werden.

Zahlen für den Klimaschutz? Ja, es ist nur logisch, dass die Industrienationen in die Tasche greifen. Denn sie sind die Hauptverursacher der Erderwärmung.

Der Regenwald wird gerodet, um Platz für Landwirtschaft und Viehzucht zu machen. Ein großer Teil der Agrarerzeugnisse und Rohstoffe aus Amazonien geht gen Norden: Millionen Tonnen brasilianisches Soja landen als Kraftfutter in den Mägen europäischer Schweine. Ein großer Teil des in der EU gehandelten Rindfleischs kommt aus dem Mercosur, auch weil die Produktion dort halb so teuer ist wie in Europa. Wir wollen billige Lebensmittel, Südamerika liefert.

Brasilien und andere Staaten werden es aber nicht alleine schaffen. Sie brauchen Unterstützung, denn ihre Ökonomien hängen stark vom Agrobusiness ab.

In Lateinamerika sind allerdings die Erinnerungen an die Yasuní-Debatte wach. Die ecuadorianische Regierung hatte angeboten, auf die Ölförderung in dem Nationalpark zu verzichten, sollte die internationale Gemeinschaft Entschädigung in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar zahlen. Nur ein Bruchteil kam zusammen. Die Initiative scheiterte, die Ölbohrung begann. Wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen, darf sich so etwas nicht wiederholen.

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Niklas Franzen, Jahrgang 1988, ist Journalist und ehemaliger Brasilien-Korrespondent. Im Mai 2022 erschien sein Buch “Brasilien über alles - Bolsonaro und die rechte Revolte” bei Assoziation A.

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