Mini-Akw-Pläne in den USA: Kleiner, aber immer noch Atom

Die USA wollen viele Kohle- durch Atomkraftwerke ersetzen. Die Regierung hofft, dass neue Modelle weniger Probleme machen als die alten Meiler.

Ein Kraftwerk steht vor blauem Himmel in einer wüstenähnlichen Umgebung

Das Kraftwerk Naughton soll geschlossen und durch einen Atomreaktor mit Natrium ersetzt werden Foto: Imagebroker/imago

NEW YORK taz | Die USA wollen auch in Zukunft weiter auf Atomkraft setzen, um die nationalen Klimaziele zu erreichen und den wachsenden Energiebedarf zu decken. Diese Woche ist im US-Bundesstaat Georgia ein neuer Reaktor ans Netz gegangen – allerdings noch nach alter Bauart. In Zukunft sollen Atomreaktoren kleiner, sicherer und günstiger werden.

Kathryn Huff, die im US-Energieministerium für Atomkraft zuständig ist, stellt sich das folgendermaßen vor: „Wir haben die Möglichkeit, mit am Fließband gefertigten Reaktoren die Kosten zu senken“, so die Ingenieurin. „Mir hatte jemand mal gesagt, dass wir Kernkraftwerke nicht wie Flughäfen bauen sollten, also groß, komplex, teuer und speziell für bestimmte Ortsgegebenheiten angefertigt, sondern wie Flugzeuge, eins nach dem anderen, immer gleich und von den Behörden abgesegnet.“

Aktuell sind in den USA 93 Atomreaktoren in Betrieb. Diese erzeugen knapp 19 Prozent des gesamten Stroms im Land. Die aktuelle Flotte von AKWs ist allerdings in die Jahre gekommen. Hohe Investitionskosten wie beim Bau in Georgia tragen sich oft wirtschaftlich nicht. Die Biden-Regierung hofft aber, mit neuen Technologien die Probleme der alten Meiler zu lösen.

Bill Gates’ Firma TerraPower zum Beispiel will im US-Bundesstaat Wyoming ein neuartiges Mini-AKW bauen, um die angrenzende Kleinstadt Kemmerer mit Strom zu versorgen. Der natriumgekühlte Reaktor, der spätestens 2030 in Betrieb genommen werden soll, wird eine Leistung von 345 Megawatt haben. Da die Anlage jedoch auch ein Energiespeichersystem enthalten wird, erhöht sich die Spitzenleistung auf 500 Megawatt. Damit könnten laut TerraPower bis zu 400.000 Häuser mit Strom versorgt werden.

Von der Kohle zur Atomkraft

Dass TerraPower ausgerechnet Wyoming als Standort für sein Pilotprojekt ausgewählt hat, liegt zum Teil am dort vorhandenen Erfahrungsschatz in der Energiewirtschaft. Allerdings in der fossilen Branche: Wyoming ist der mit Abstand größte Kohleproduzent in den USA. „Wir haben einen Standort gewählt, an dem aktuell ein Kohlekraftwerk steht und der bereits über Anschlüsse ans Stromnetz sowie über hoch qualifizierte Arbeitskräfte verfügt“, sagte Bill Gates. „Wir errichten unseren Natriumreaktor somit in einer Gemeinde, die weiß, was es heißt, ein großes Energieprojekt zu unterstützen.“ Das Kohlekraftwerk soll 2025 abgeschaltet werden. Weil in einem Atomkraftwerk ebenfalls Dampf zur Stromerzeugung genutzt wird, wird es möglich sein, Arbeiter zu übernehmen.

Trotz der Umweltschäden, zum Beispiel durch den Uranabbau, gilt Atomstrom nach US-Kriterien als „sauber“. Teilweise bewertet ihn auch die EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen als „grün“. Der Grund: die geringen CO2-Emissionen. „Atomenergie ist unverzichtbar im Kampf gegen den Klimawandel“, sagte US-Energieministerin Jennifer Granholm im vergangenen Jahr. Eine Studie aus ihrem Haus hat vorgezeichnet, wie fast 80 Prozent aller Kohlekraftwerke in den USA durch AKWs ersetzt werden könnten – der Großteil durch Mini-AKWs in Wyoming mit einer Leistung von ein paar hundert Megawatt.

Gigantisch lange Bauzeiten

Doch nicht alle sehen eine Zukunft für die Atomkraft im Land. Für Atomphysiker Arjan Makhijani ergeben Investitionen in Atomenergie nicht nur wirtschaftlich keinen Sinn, sondern auch in Anbetracht der sich verschlimmernden Klimakatastrophe. Für ihn sprechen die langen Entwicklungs- und Bauzeiten dagegen. „Es muss gerade deshalb schnell gehandelt werden“, sagt Makhijani. Zwar gibt es neben TerraPower noch andere Firmen, die Mini-AKWs entwickeln, doch eine schnelle Lösung für das Klimaproblem stellen sie nicht dar.

Die Kri­ti­ke­r führen weitere Gegenargumente an: Zwar haben AKWs im Allgemeinen eine gute Sicherheitsstatistik – aber wenn etwas schiefgeht, sind die Folgen oft gravierend. Und auch die Atommüllfrage ist in den USA noch nicht beantwortet.

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