Neubau-Pläne der Ampel: „Klimalücke wird sich vergrößern“

Die Bundesregierung rückt von ihrem Vorhaben ab, einen strengeren Energiestandard für Neubauten einzuführen. Umweltverbände sind empört.

Betonmischer auf einer Baustelle.

Mehr Wohnungen zulasten des Klimaschutzes: Umweltverbände kritisieren die Pläne der Ampel Foto: Soeren Stache/dpa

BERLIN taz | Die Ankündigung der Bundesregierung, von ihren geplanten Vorgaben für klimagerechtes Bauen und Sanieren abzurücken, stößt auf harsche Kritik. „Die Klimaziellücke wird sich vergrößern“, sagte die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Barbara Metz, der taz.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat am Montag bekanntgegeben, dass der neue, strengere Energiestandard EH40 für Neubauten in dieser Legislaturperiode nicht mehr eingeführt wird – dabei haben die Ampelparteien genau das im Koalitionsvertrag vereinbart. Denn der Gebäudesektor ist neben dem Verkehr einer der Bereiche, der am weitesten vom Erreichen der deutschen Klimaziele entfernt ist.

Ab 2025 sollten für Neubauten deshalb strengere Klimaschutzvorgaben gelten. Der neue Standard EH40 hätte unter anderem schärfere Bestimmungen für die Dämmung neuer Gebäude vorgesehen. Habeck und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) wollen nun einen neuen Standard erarbeiten.

Habeck bemühte sich am Montag, klimapolitische Bedenken zu zerstreuen. „Mit der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes ist sichergestellt, dass Neubauten ab 2024 klimafreundlich heizen“, sagte er. „Deshalb halte ich es nicht mehr für nötig, jetzt auf die Schnelle den neuen Standard EH40 einzuführen.“

Warnung vor Jobverlusten

Der grüne Minister ist der Auffassung, dass die Einführung des strengeren Standards vor Verabschiedung der EU-Gebäuderichtlinie wenig Sinn hat. Auf EU-Ebene wird zurzeit über strengere Sanierungsvorschriften für Gebäude verhandelt. Allerdings will die Regierung auch hier weichere Vorgaben als vorgesehen.

„Es ist erschreckend, dass die Bundesregierung es geschafft hat, alle klimapolitischen Maßnahmen im Gebäudebereich wegzuräumen“, so DUH-Chefin Metz. Das Heizungsgesetz sehe keineswegs vor, dass ab 2024 ausschließlich klimafreundliche Heizungen verbaut würden. Unter bestimmten Umständen könnten Gas- und Ölheizungen weiterhin eingebaut werden. Deshalb sei die Einführung des neuen Standards für Neubauten wichtig.

Metz lehnt auch das Vorgehen der Bundesregierung im Gebäudebereich auf europäischer Ebene ab. Die Bundesregierung will sich dafür einsetzen, dass die geplanten Vorschriften zur klimagerechten Sanierung von Gebäuden auf EU-Ebene nicht in der ursprünglich vorgesehen Form kommen, sondern abgeschwächt werden.

WWF kritisiert das Zögern der Regierung

Im Frühjahr hatte sich das Europaparlament für strenge Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden ausgesprochen. Kri­ti­ke­r:in­nen monieren, dass damit ein sehr teurer Modernisierungszwang für ältere Gebäude verbunden wäre. Die Ampel rückt jetzt von einer Sanierungspflicht ab.

Daran übt auch die Umweltorganisation WWF scharfe Kritik. Von Sanierungen würden vor allem Menschen mit geringen Einkommen profitieren, denn gerade diese Gruppe lebe oft in Gebäude mit geringer Energieeffizienz und müsse hohe Energiekosten stemmen, sagte Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland. „Die Regierung muss endlich aufhören, die nötigen Aufgaben zu verzögern, sonst fällt uns allen bald die Decke auf den Kopf.“

Die Deutsche Unternehmens­initiative Energieeffizienz, der 240 Unternehmen angehören, warnt vor Jobverlusten. „Die selbsternannte Fortschrittskoalition bringt mit ihrem Rumgeeiere den Klimaschutz im Gebäudebereich zum Erliegen“, so deren Chef Carsten Müller. Sie gefährde damit eine Branche mit über einer halben Million Beschäftigten.

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