Riesen-Wohnmobile auf Campingplätzen: Zwischen Luxuslinern

Im Paradies auf Korsika werden unserer Autorin die wuchtigen Wohnmobile zu viel. Sie fragt sich: Wieso dürfen sie so viel Platz einnehmen?

Camper unterwegs in Korsika an der Küste

Böser Camper auf dem Weg, um sich vor kleine Zelte und Busse zu stellen Foto: P. Royer/imago

Eigentlich bin ich ein friedlicher Mensch, ich meditiere und schreibe Tagebuch. Als ich mich vor ein paar Tagen „Du Wichser“ murmeln hörte, war ich deshalb überrascht, über die Verachtung, den Hass. Und das in einem Moment, der eigentlich der beste des Jahres sein sollte, auf einem der wunderbarsten Campingplätze Korsikas.

Ich liebe Campen. Ohne Spülmaschine und WLAN wird mein Herz weit und mein Kopf leer. Barfuß sein und sommersprossig, mit Pinienduft in der Nase. Früher habe ich ausschließlich wild gezeltet, seit unsere Tochter da ist, mache ich Kompromisse. Wir haben uns einen Transporter zugelegt und ihn notdürftig ausgebaut, um weiterhin unseren Urlaub draußen verbringen zu können.

Beim Aufwachen direkt in die Sonne blinzeln, die Mittagshitze in der Hängematte wegbaumeln, abends unterm Sternenhimmel speisen und zu Zikadengesang einschlafen – das ist mein bisschen Freiheit in der Kleinkindzeit.

Ich will also gerade, den Kaffee in der einen Hand, in mein Croissant beißen, als sich eine weiße Wand aus Plastik zwischen mich und das Mittelmeer schiebt – und dort stehen bleibt. Ein Wohnmobil. Und zwar nicht so ein Campervan, sondern eines dieser 5-Sterne-Kreuzfahrtschiffe auf Rädern.

Drei Parkplätze für ein Wohnmobil

Ja, ich gebe zu, auch wir gehören mit unserem Transporter leider selbst zu den Mitverursachern des großen Hypes. Der Caravaning Industrie Verband meldet rund 70.000 Neuzulassungen von Vans und Reisemobilen in Deutschland – allein im Jahr 2023!

Aber zu meiner Verteidigung möchte ich vorbringen: Campingbusse wie unserer haben meist Pkw-Größe und nehmen genau einen Parkplatz ein. Das Wohnmobil, das sich vor uns aufgebaut hat, ist eine andere Nummer und auch die haben leider Hochkonjunktur.

Es dringt nun aus zwei Metern Höhe eine Stimme an unsere Ohren: „Wir haben Zeit.“ Es dauert einen Moment, bis ich verstehe, was der Typ im lederbesesselten Cockpit damit meint: Er will den Campingplatz verlassen und wir sollen dafür unseren Bus bewegen, ihm Platz machen. Er kommt mit seinem Koloss nicht an uns vorbei, ohne die Zweige der Olivenbäume mit seiner Sat-Schüssel zu touchieren. Für ihn steht außer Frage, wer sich bewegen muss. Immerhin hat er 700.000 Euro oder mehr übrig, um sich einen „Grand Empire“ zu kaufen.

Seit Tagen schon beobachte ich irritiert, was er und seine Frau unter Camping verstehen. Sie löste mit freudloser Mine Kreuzworträtsel unter der elektrisch ausfahrbaren Markise, während er auf dem Flachbildschirm „Tatort“ guckte. Sonnenuntergang, Natur? Och nö. Ein paar Mal sind die beiden mit dem Smart aufgebrochen, den der Koloss in der Heckgarage dabeihat. Praktisch, denn durch die engen Gassen von korsischen Dörfchen kommt man mit bis zu 12 Meter langen Monstern nicht.

Freundlich Platz machen

Eigentlich gilt für mich: Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Aber ganz ehrlich, ich gehe zelten, um genau solche Menschen nicht zu treffen. Warum bleibt ihr nicht in eurer Villa am Zürichsee, Leute? Oder bucht euch eine 5-Sterne-Wilderness-Lodge? Was treibt euch mit 500 Liter Diesel im Tank auf Naturcampingplätze, wo Kinder nackt herumlaufen und niederes Volk, mit dem ihr keinen Kontakt wollt, Gemeinschaftstoiletten benutzt, die ihr nicht braucht? Was lässt euch glauben, dass so viel Raum euch und euren Monsterfahrzeugen gehört und ihr am Strand natürlich in erster Reihe steht?

Das alles hätte ich gern mal gefragt, aber stattdessen machen wir reflexhaft freundlich Platz. Mein „Du Wichser“ kommt so leise, dass der fahrende Großgrundbesitzer es nicht gehört hat. Aber immerhin: Wieder Platz für drei neue Zelte.

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